Der ökonomische Blick

Frauen in Führungspositionen machen einen Unterschied, aber welchen?

In den größten Unternehmen der Welt sind Frauen auf der Vorstandsebene nach wie vor eine Minderheit. 
In den größten Unternehmen der Welt sind Frauen auf der Vorstandsebene nach wie vor eine Minderheit. IMAGO/Olaf Döring
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Frauen sind in Unternehmen nach wie vor unterrepräsentiert. Die politische Diskussion darüber zielt darauf ab, wie man diese Situation mit Vorschriften und Quotenregelungen ändern kann. Das erzeugt Widerstände.

In den größten Unternehmen der Welt sind Frauen auf der Vorstandsebene nach wie vor eine Minderheit. Das liegt auch daran, dass Frauen bei gleicher Qualifikation seltener an die Spitze von Unternehmen berufen werden, wie beispielsweise eine Studie von Steven Kaplan und Morten Sorensen zeigte. Die beiden Autoren hatten die wichtigsten Eigenschaften identifiziert, um in den Vorstand von Unternehmen kommen zu können: Umsetzungskraft, Charisma, strategisches Denken und intellektuelle und soziale Fähigkeiten. Dabei stellten sie fest, dass Frauen selbst bei gleicher Beurteilung wie Männer seltener ausgewählt wurden. Was aber würden mehr Frauen in Führungspositionen anders machen?

Eine Studie von Luca Flabbi und Co-Autoren zeigt, dass Frauen in Vorstandspositionen einen Einfluss auf die Gehaltsverteilung in Unternehmen haben. Sie analysierten Daten von über 1000 italienischen Unternehmen im produzierenden Gewerbe. Dort liegt der Frauenanteil aller Mitarbeiter bei knapp über 25 Prozent. Demgegenüber sind nur drei Prozent aller Vorstandsmitglieder weiblich. Letztere haben aber einen systematischen Einfluss auf die Gehaltsverteilung, wie sich zeigte. Gut qualifizierte Frauen im Unternehmen profitieren davon, wenn Frauen im Vorstand sitzen. Konkret erhöhte sich das Gehalt von Frauen, die zum bestverdienenden Viertel der Belegschaft zählen, um circa zehn Prozent, wenn mindestens eine Frau im Vorstand saß, verglichen mit der Situation bei einem rein männlichen Vorstand.

Was ist „Der ökonomische Blick“?

Jede Woche gestaltet die Nationalökonomische Gesellschaft (NOeG) in Kooperation mit der „Presse“ einen Blogbeitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften.

Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der „Presse“-Redaktion entsprechen.

Frauen entlohnen Frauen fairer

Männer knapp unterhalb der Vorstandsebene verdienten hingegen einige Prozentpunkte weniger (aber im Schnitt immer noch mehr als Frauen), wenn eine Frau im Vorstand war. Die Autoren vermuten, dass Frauen im Vorstand die Fähigkeiten von Frauen direkt unterhalb der Vorstandsebene besser einschätzen können als Männer und es deshalb passendere Gehälter für gut qualifizierte Frauen gibt. Eine zweite Erklärung besteht darin, dass sich Frauen in Vorständen stärker beim Mentoring von Frauen engagieren und damit die Karrierepfade nach oben auch für Frauen durchlässiger werden. Damit hängt die Bedeutung von Führungskräften für innerbetriebliche Netzwerken zusammen, wie ich in einer aktuellen Studie nachweisen konnte.

Gemeinsam mit Sule Alan, Gözde Corekcioglu und Mustafa Kaba habe ich untersucht, ob das Geschlecht einer Führungskraft eine Bedeutung für die Kommunikation in Unternehmen und die Verweildauer von Mitarbeitern hat. Dafür haben wir in Kooperation mit 24 internationalen Unternehmen in der Türkei über 2700 Mitarbeiter befragt. Die Befragungen betrafen Netzwerke in Unternehmen, persönliche Eigenschaften, Personaldaten und die Arbeitsplatzzufriedenheit. Netzwerke erfassten wir mit der Frage, an wen sich jemand bei beruflichen Fragen wendet. Die Antworten darauf lassen erkennen, wie stark die Kommunikation in einer Abteilung ist und welche Rolle die Führungskraft dabei spielt. Für unsere Studie definierten wir jemanden als Führungskraft, der Personalverantwortung hat. Das können also Abteilungsleiter, Fachgruppenleiter oder Vorstandsmitglieder sein. Zuerst interessierte uns, ob weibliche Führungskräfte gleiche Eigenschaften wie männliche Kollegen haben. Das war nicht der Fall. Weibliche Führungskräfte sind weniger wettbewerbsfreudig und risikofreudig als männliche, dafür haben sie mehr Empathie und weniger konservative Rollenbilder.

Geschlecht hat starken Einfluss auf berufliche Netzwerke

Das Geschlecht der Führungskraft hatte einen starken Einfluss auf die beruflichen Netzwerke. In Abteilungen mit männlichen Führungskräften zeigte sich, dass bei beruflichen Problemen Männer fast ausschließlich andere Männer konsultierten, Frauen hingegen wenige Ansprechpartner bei beruflichen Fragen hatten. Im Falle weiblicher Führungskräfte änderte sich dieses Bild vollständig, indem erstens Männer auch Frauen (und insbesondere ihre weiblichen Führungskräfte) bei beruflichen Fragen konsultierten, und zweitens Frauen in den Abteilungen dichtere Netzwerke hatten, was den Informationsfluss in Unternehmen deutlich verbessert. Die Fluktuation von weiblichen Mitarbeitern reduzierte sich im Falle weiblicher Führungskräfte, während für Männer das Geschlecht der Führungskraft fast keinen Einfluss auf ihre Verweildauer im Unternehmen hatte. Ersteres Ergebnis ist für Unternehmen in Zeiten von Arbeitskräftemangel ein großer Gewinn, denn eine der zentralen Herausforderungen besteht aktuell ja nicht nur darin, gute Leute zu finden, sondern diese dann auch länger im Unternehmen zu halten. Dafür spielen weibliche Führungskräfte offenbar eine bedeutsame Rolle.

Der Autor

ECONtribute

Matthias Sutter ist Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn und Professor für Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Köln und Innsbruck. Sein aktuelles Buch „Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt“ ist 2023 in 2. Auflage erschienen.

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