Die Rezeption wird niederschwelliger: Wie hier im „The Amauris“ am Kärntnerring 8
Designcheck

Neue Hotel-Perlen für den Ring

An der Ringstraße in Wien bemühen sich zwei neue Boutiquehotels zu strahlen - vor allem nach innen: das The Amauris und das Almanac Palais Vienna.

Nichts hat Wien so sehr verändert wie der Wille des Kaisers: vor allem in Form der Ringstraße. Obwohl: Das Ursprungskonzept – nämlich „Boulevard“ – ist heute längst unsichtbar, hinter all dem visuellen Getöse im Straßenraum. Schließlich muss eine Stadt ja auch funktionieren, Parkplätze verteilen, Vorschriften machen. Prunk, Pracht, Glamour, Stil und Eleganz sind deshalb inzwischen hauptsächlich Angelegenheiten für das innere Stadtbild. Vor allem auch an jenen Adressen, die auf „-ring“ enden. Diese waren schon in der Gründerzeit die Sehnsuchtsorte für alle, die gesellschaftlich und wirtschaftlich ganz oben angekommen waren.

Heute ist die „Via Triumphalis“ des Kaisers nicht mehr als eine breite schlichte Straße. Und hinter den Palaisfassaden sind die Palais meist nicht mehr als nur: Hotels. Ist einfach lukrativer. Und so haben sich auch in diesem Jahr zwei neue eingereiht, in der Tradition am Standort „Ringstraße“, in der Logik des Immobilienmarkts in der Kategorie „Top-Lage“ – die Hotels The Amauris und Almanac Palais Vienna. Beide Hotelkonzepte legen es eher „Boutique“ als allzu „Grand“ an. Luxuriös wollen sie trotzdem sein. Und dabei „persönlich“ bleiben. Sodass sich der Kellner vielleicht doch merkt, wie Gäste ihren Kaffee gern trinken und welche Schuhgröße die Hausschlapfen in der Suite haben sollen.

Eine grafische Silhouette zeichnen Bett und Sofa großzügig in die Zimmer und Suiten des Hotels The Amauris. 
Eine grafische Silhouette zeichnen Bett und Sofa großzügig in die Zimmer und Suiten des Hotels The Amauris. The Amauris Vienna

Auch der kroatische Designer und Architekt Nikola Arambašić modelliert Luxus eher nach elastisch-individueller Vorlage. In Länge, Breite und Deckenhöhe der Suite muss sich das nicht bemessen. Kann es auch gar nicht. Denn für so viel Großzügigkeit und „Grandezza“ hat die Hotelimmobilien-Logik keinen Platz. Nicht mitten in der Stadt. In Dubai und am Semmering vielleicht. Lieber trägt die Gestaltung ihre „Luxus“-Ideen mehrschichtig statt großflächig auf. Zwischen einzelnen Palaisfragmenten von ein bisschen Stuck hier und einem Luster dort, der zufällig überdauert hat. Und wenn man Glück hat, wie etwa das The Amauris am Opernring, verbindet all das noch dazu ein historisches Stiegenhaus. Dort folgt ein spektakulärer Lichtschlauch der Vertikallogistik durchs Haus.

Gleichsam als stilistisches Exposé einer Designüberzeugung, die Nikola Arambašić beinahe beiläufig allerorts ins Haus geträufelt hat. Luxus sei nämlich das, was man eigentlich nicht erwarte, meint er. Luxus müsse Überraschungen liefern. „Denn es geht ja bei Hotels wie dem Amauris nicht darum, Luxus-Checklisten abzuhaken“, sagt der Designer. Eher soll sich eine andere Liste füllen: jene der Gesten, Features und Annehmlichkeiten, von denen man erst weiß, dass man sie vermissen kann, wenn man ausgecheckt hat am Kärntner Ring 8.

Großflächig

Da bekommt etwa die Kaffeemaschine im Zimmer ihren Extraauftritt: Per Hebebühne taucht sie aus dem lederbezogenen Sideboard auf. Da darf im Hotel-Restaurant Glasswing auch die Handtasche am Tisch Platz nehmen – auf eigenen gepolsterten Beistellhockern. Da trennen die Türen Nass- und Wohnräume auch verlässlich schalldicht. Und das sanfte Nachtlicht schaltet sich automatisch zu, wenn es die Füße im Dämmerzustand zum Bad geleiten soll. Solche Dinge könnten einem im nächsten Hotel dann schon abgehen. Und sie trösten auch, wenn man aufwacht und gerade von den einst so großen gestalterischen Gesten der „Grand Hotels“ am Ring träumte. Diese Attitüde hat hier räumlich einfach keinen Platz unter Dachschrägen und im Etagenlayout, das sich rechnen muss.

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