Wort der Woche

Technologien, die die Welt verändern

Das Erstellen von Technologie-Listen ist nicht nur für das Erklären historischer Zusammenhänge hilfreich – sie sind auch mitentscheidend für die Zukunft.  

Neue Technologien haben immer schon das Leben von uns Menschen verändert. Konsultiert man Historiker, bekommt man schnell eine Liste von zumindest einem Dutzend Innovationen, die mit großen Fortschritten der Menschheit einhergehen – beginnend bei der Zähmung des Feuers, der Erfindung der Landwirtschaft, des Rades und der Metallverarbeitung über die Nutzung der Wasserkraft und den Buchdruck bis hin zu Dampfmaschine, synthetischer Chemie, Automobil, Elektromotor und Computer bzw. Internet.

Einen fundamentaleren Zugang wählte nun die britische Physikerin Roma Agrawal: In ihrem eben auf Deutsch erschienenen Buch „Nägel mit Köpfen“ (335 S., Hanser, 29,50 €) nennt sie sieben Erfindungen, die die Welt bis heute verändern – „elementare Bausteine, ohne die es unsere komplexen Maschinerien gar nicht geben würde“: Nagel, Rad, Feder, Magnet, Linse, Schnur und Pumpe. Eindrucksvoll erzählt sie, woher diese Dinge kamen, wie sie sich mit der Zeit veränderten und was alles sie ermöglich(t)en. Wärmste Empfehlung!

Man mag derartige Aufzählungen vielleicht als intellektuelle Spielerei abtun. Aber solche Listen sind gerade in unserer Zeit von immenser Bedeutung – aus der Erkenntnis heraus, dass die Technologieentwicklung von heute mitbestimmend ist für Prosperität und Machtverhältnisse von morgen.

Nachdem China bereits seit Jahrzehnten gezielt eine Handvoll definierter Technologien forciert und dadurch mit Riesenschritten aufholt, arbeitete im Jahr 2021 in den USA eine Gruppe namhafter Technologiefachleute um Ex-Google-Chef Eric Schmidt für den US-Senat eine Liste von acht kritischen Zukunftstechnologien aus, die für die Sicherheit der USA entscheidend sind: Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Quantencomputer, Halbleiter, Robotik, 5G, 3D-Druck und Energiesysteme. Das war definitiv keine theoretische Spielerei – denn kaum ein Jahr später startete die US-Regierung milliardenschwere Förderprogramme für einige diese Felder.

Nun hat Europa nachgezogen: Am 3. Oktober veröffentlichte die EU-Kommission eine Aufstellung von zehn für die wirtschaftliche Sicherheit kritische Technologien – die der US-Liste fast aufs Haar gleicht, ergänzt noch um Sensortechnologien und Raumfahrt. Vorerst einmal vier dieser Technologien (Halbleiter, KI, Quanten- und Biotechnologie) werden nun, wie berichtet, im Detail einer Risikoanalyse unterzogen – in Vorbereitung für gezielte Fördermaßnahmen. Spät, aber doch.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

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