Comic

Neuer Asterix: Achtsamkeit statt Rauferei!

Auch Majestix muss sich der neuen Tonart beugen. Seine Frau Gutemine zieht es dennoch gen Lutetia.
Auch Majestix muss sich der neuen Tonart beugen. Seine Frau Gutemine zieht es dennoch gen Lutetia.Asterix®-Obelix®-Idefix® / © 2023 Hachette Livre / Goscinny-Uderzo
  • Drucken
  • Kommentieren

Für „Die weiße Iris“, den 40. Asterix-Band, war mit Fabcaro ein neuer Texter aktiv. An René Goscinny kommt auch er nicht heran: Die Persiflage auf „moderne“ Tugenden ist zu flach.

In bisher 39 Bänden hat das von unbeugsamen Galliern bevölkerte Dorf allen möglichen Widrigkeiten widerstanden, im 40. bedroht sie eine neue: das positive Denken, die Achtsamkeit, gepredigt von einem römischen Medicus namens Visusversus. Er ist gewissermaßen das Gegenmodell zum berüchtigten Tullius Destructivus im 15. Band („Streit um Asterix“, 1973): Wo jener – in grünen Sprechblasen – Zwietracht säte, setzt sein angenehmerer Widerpart auf die entkräftenden Wirkungen der Harmonie. Natürlich ebenfalls im Auftrag Cäsars.

Bei seiner ersten Visite im gallischen Dorf schlägt Visusversus gleich dem Fischhändler Verleihnix vor, auf „regionale Bezugsquellen“ zu setzen; den Schmied Automatix umschmeichelt er, indem er seinem Hanmmerschlag positive Schwingungen attestiert. Und der braven Häuptlingsfrau Gutemine – die einst richtiger Gutemiene geschrieben wurde – schenkt er ein Blümchen und erzählt ihr, dass sie funkle und schillere. Das hat ihr noch keiner gesagt, vor allem nicht ihr unwirscher Mann Majestix. Das prädestiniert sie zur Zentralfigur des Bandes. Denn sie wird nach Lutetia gelockt, wo sie an Cäsar übergeben werden soll, wie einst in „Asterix als Gladiator“ der Barde Troubadix.

Troubadix und die Toten Hosen

Dass nicht einmal dessen Gesänge die Gallier in Rage versetzen, ist eines der Anzeichen der entwaffnenden Wirkung des positiven Denkens. Auch wenn Troubadix noch so falsch – in Anspielung auf eine berühmte deutsche Fun-Punk-Band – „Tote Hosen nach Athen“ und „Claudius hat ‘nen Schäferhund“ singt, sie reagieren mit Sätzen wie „Nun, das ist eine gewagte Darbietung“ oder „Kunstfreiheit ist ein hohes Gut“. Worauf Asterix entsetzt reagiert: „Freunde, was ist aus euch geworden? Wo sind meine kühnen Raufbolde?“

Diese reaktionäre Umwertung der Werte – Toleranz und Güte sind von Übel – ist als Idee ja ganz originell, trägt aber die gewohnten 48 Seiten des Bandes nicht wirklich. Vor allem weil wie meist seit dem Tod von Texter René Goscinny („Der große Graben“, 1979, war sein letzter Band) der Sprachwitz eher dünn gesät ist. Nach Albert Uderzo und Jean-Yves Ferri hat nun erstmals Fabrico Caro alias Fabcaro die Texte geschrieben: Sie sind ein bisschen wendiger als zuletzt. Die durchgängige Persiflage auf Eso-Sprüche ist ganz gut gelungen, ihr fehlen allerdings die Pointen. Man vermisst auch die – durchaus nicht nur von Lateinlehrern geschätzten – Zitate, immerhin ein Pirat zitiert Vergil: „Sic itur ad astra.“

Und die Anspielungen auf die Gegenwart, die beim Thema naheliegen? Aufgelegt, aber hübsch ist, dass der Stau vor Lutetia durch einen ausgelöst wurde, der sich „gegen die Abholzung des Karnutenwaldes festgeleimt hat“. Auch die Verarschung mehr oder weniger moderner Kunst (Malevix, Boltanskix, Banksix) funktioniert halbwegs. Aber sich 2023 noch über Nouvelle Cuisine lustig zu machen, bei der man so wenig auf den Teller bekommt, ist anachronistisch. Wie auch die Szene in der Arena, in der „Warten auf Godos“ gegeben wird. Was in Obelix „böse Erinnerungen“ weckt: wohl an die wunderbare Szene in „Asterix und der Kupferkessel“, in der er, jäh auf die Bühne eines Impro-Theaters gestellt, die geflügelten Worte spricht: „Mir geht aber nicht immer was durch den Kopf!“

Eine theatralische Prügelei folgt diesmal freilich auch, und so geht alles im altvertrauten Geist dem Ende zu. Die verderbliche Achtsamkeit ist passé, Cäsar hat verloren, die Fische fliegen wieder, und Methusalix zieht das wertkonservative Resümee: „Ein Gallier kann eben nicht aus seiner Haut.“ Darf man spoilern, dass Troubadix beim finalen Bankett nicht singen darf? Aber ja doch.

„Die weiße Iris“ ist am 26. Oktober auf Deutsch bei Egmont Ehapa Media erschienen. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.