Allerheiligen

Ältere Menschen und der Tod: „Bin ich der Nächste?“

Monika Reiserer denkt viel an ihre verstorbene Freundin, an die gemeinsame Zeit: „Wenn sie mir nahe ist, gibt mir das Kraft.“
Monika Reiserer denkt viel an ihre verstorbene Freundin, an die gemeinsame Zeit: „Wenn sie mir nahe ist, gibt mir das Kraft.“ Clemens Fabry
  • Drucken
  • Kommentieren

Wir alle müssen einmal gehen. Im Alter rückt der Tod immer näher. Wie gehen ältere Menschen damit um, wenn Gleichaltrige und ihre Lieben rund um sie sterben? Wie verlieren sie nicht selbst die Lebensfreude?

Wenn Julian an seinen Großvater denkt, macht er sich Sorgen. Vor zwei Wochen ist ein guter Freund gestorben. „Opa fällt dann immer in ein Loch. Er ist kaum ansprechbar, will nichts mehr machen.“ Es ist nicht der erste Mensch, mit dem er durchs Leben gegangen ist und der dieses nun verlassen hat. Von vier Geschwistern leben nur noch zwei. Der Freundeskreis wird immer kleiner. Für Geburtstagsfeiern wird die Zahl der Menschen, die man dabeihaben möchte, immer kleiner. „Einer nach dem anderen verlasse ihn, sagt Opa dann immer.“ Aber auch: „Bin ich der Nächste?“

Natürlich werde man im Alter immer wieder daran erinnert, „dass unsere Zeit hier unten begrenzt ist“, sagt ein ehemalige Priester einer Grazer Gemeinde, der anonym bleiben möchte. Der Verlust nahestehender Personen oder Gleichaltriger halte einem auch immer einen Spiegel vor und lasse an das eigene Ableben denken. „In meinem Alter, ich bin 84, da denkt man sehr viel nach. Man denkt an früher, was man erlebt und geleistet hat, welchen Weg man eingeschlagen hat und wohin er noch führen wird.“ In der Arbeit in seiner Pfarrgemeinde sei er viel mit dem Tod in Berührung gekommen. Er ist zu Sterbenden gerufen worden, hat Begräbnisse gehalten und mit Angehörigen gesprochen. Jetzt ist er in Pension, die Arbeit hat er nicht ganz verlassen: „Ich möchte die Zeit, die mir noch bleibt, gut nutzen.“ Er sei in der Seelsorge tätig und für Menschen da, „die niemanden haben, denen es nicht gut geht.“ Viele von ihnen sind mittlerweile verstorben.

Wer mit dem Tod in der Arbeit zu tun habe, lerne, anders mit ihm umzugehen, erzählt Monika Reiserer, die über 20 Jahre ehrenamtlich in einem Hospizteam in Mödling gearbeitet hat. Natürlich stehe man dem Menschen, den man begleite, nahe, „auch wenn die Woche darauf wieder ein anderer in diesem Bett liegt“. Aber man nehme die Gedanken an den Tod nicht mit nach Hause. „Und dann ist vor einem Jahr eine sehr liebe Freundin total unerwartet verstorben. Das hat mich dann doch sehr getroffen“, sagt die 83-Jährige.

„Geben wir uns die Zeit, die wir brauchen“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.