Arbeitsmarkt

Begehrte Jobs in Ausztria

Während der Durchschnittslohn in Ungarn rund 1000 Euro beträgt, beläuft er sich in Österreich auf über 2000 Euro.
Während der Durchschnittslohn in Ungarn rund 1000 Euro beträgt, beläuft er sich in Österreich auf über 2000 Euro.Getty Images/Antonio Diaz
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In Österreich sind mehr als 120.000 ungarische Arbeitskräfte tätig. Sie kommen wegen besserer Verdienstchancen, aber auch aus politischen Gründen.

Es ist jedes Mal stockdunkel, wenn Attila (38) aus der ungarischen Grenzstadt Sopron Richtung Österreich losfährt. Der vierfache Familienvater ist als Lagerarbeiter in einem großen Möbelhaus im niederösterreichischen Vösendorf tätig. Arbeitsbeginn ist frühmorgens um vier Uhr. Die Autofahrt hin und zurück beträgt eineinhalb Stunden.

Attila hat „Glück“, kann er sich doch beim täglichen Pendeln mit einem ungarischen Kollegen, der ebenfalls in Sopron wohnt, hinter dem Steuer abwechseln. „So kann ich bei der Hin- oder Rückfahrt etwas schlafen“, sagt Attila mit einem müden Lächeln. Schlaf, den er angesichts seiner Arbeitszeit in aller Frühe bitter nötig hat. Immerhin: Die frühmorgendliche Schicht habe auch ihren Vorteil. „So kann ich zu Mittag schon nach Hause fahren und den Nachmittag mit meinen Kindern verbringen“, sagt Attila.

Warum er die Strapazen überhaupt auf sich nehme? Das habe nicht zuletzt finanzielle Gründe, erklärt er. Einerseits sei sein Einkommen mindestens zwei Mal so hoch wie in Ungarn, wobei er hierzulande noch dazu ein 13. und 14. Gehalt bekomme, andererseits werde er als Arbeitnehmer in Österreich künftig auch eine weit höhere Pension beziehen als seine Landsleute, die in Ungarn arbeiten. Zum Vergleich: Während der Durchschnittslohn in Ungarn rund 1000 Euro beträgt, beläuft er sich in Österreich auf über 2000 Euro. Bei den Pensionen klafft die Schere noch weiter auseinander.

Laut aktuellen Zahlen der österreichischen Sozialversicherungsanstalt arbeiten heute mehr als 124.000 Magyaren in Österreich. Damit stehen die Ungarn im Kreis der ausländischen Arbeitskräfte in Österreich an der Spitze, noch vor den Deutschen (rund 123.000). Die meisten von ihnen arbeiten in Niederösterreich (über 23.000), im Burgenland (knapp 23.000) und in Wien (knapp 22.000) – im Burgenland beispielsweise sind zwei Drittel der ausländischen Arbeitskräfte Magyaren.

Bauwesen und Gastronomie.

Das Gros der ungarischen Arbeitskräfte in Österreich ist zum einen im Bauwesen und Dienstleistungssektor, vor allem im Gastgewerbe, zum anderen in der Schönheitsindustrie und im Pflegebereich tätig. Für die österreichischen Arbeitgeber und die ungarischen Arbeitnehmer ist es praktisch eine Win-win-Situation. Schließlich gibt es in Österreich seit Jahren einen Arbeitskräftemangel. Das heißt, dass hierzulande über 100.000 Stellen offen sind, in der touristischen Hauptsaison noch weit mehr.

Andererseits ist auch im Kreis der Magyaren die Bereitschaft, in Österreich zu arbeiten, sehr hoch. Insbesondere in den westlichen Regionen Ungarns, die an Österreich grenzen, streben sehr viele auf den österreichischen Arbeitsmarkt. Laut der österreichischen Personalvermittlungsfirma Trenkwalder sind im westungarischen Komitat Vas 69 Prozent der Arbeitnehmer bereit, ins Ausland zu gehen, die meisten davon nach Österreich. Ähnlich sieht die Situation in den südwestungarischen Komitaten Somogy (59 Prozent) und Baranya (65 Prozent) aus. Mehr noch: Wie das ungarische Wochenmagazin „Hvg“ berichtet, sind mehr als 15 Prozent der in Ungarn kursierenden Stelleninserate auf den österreichischen Arbeitsmarkt ausgerichtet.

Die Abwanderung von Arbeitskräften aus Ungarn ist aber nicht nur finanziellen Erwägungen geschuldet. Viele Magyaren suchen auch aus politischen Gründen das Weite. Ákos etwa lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern seit einem Jahr im südlichen Speckgürtel von Wien. Hinter vorgehaltener Hand sagt er, dass für den Umzug nach Österreich vor allem die „autoritäre Politik“ der Regierung von Viktor Orbán ausschlaggebend gewesen sei. Dabei hebt er vor allem den „zerrütteten Zustand“ der ungarischen Schulen hervor, was das „Werk der Regierung Orbán“ gewesen sei. „In Österreich haben meine Kinder eine echte Perspektive, in Ungarn dagegen nicht“, sagt er.

Kein Einzelfall. Seit der im Mai 2011 erfolgten Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts für Arbeitskräfte aus Ungarn ist die Zahl der ungarischen Schüler hierzulande um das Fünffache gestiegen. Allein 2022 wurden mehr als 1360 ungarische Kinder in österreichischen Bildungseinrichtungen angemeldet. Viele pendeln dabei aus grenznahen ungarischen Regionen.

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