Parlamentswahl

Wie - und mit wem - die KPÖ den Sprung in den Nationalrat schaffen will

Die Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl Bettina Prochaska und Tobias Schweiger während eines Pressegesprächs anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl am Samstag, 4. November 2023, im Volkshaus in Graz.
Die Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl Bettina Prochaska und Tobias Schweiger während eines Pressegesprächs anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl am Samstag, 4. November 2023, im Volkshaus in Graz.APA / APA / Erwin Scheriau
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Die steirische und die Bundes-KPÖ trafen erstmals seit 20 Jahren wieder zu einer gemeinsamen Konferenz zusammen. Die Kommunisten wollen als „soziales Gewissen“ den Sprung ins Parlament schaffen.

Die KPÖ wird bei der kommenden Nationalratswahl 2024 mit einem Duo an der Spitze in den Wahlkampf gehen: Der Grazer Tobias Schweiger, Experte für den Bereich Wohnen, und die Salzburger Pflegerin Bettina Prochaska wollen den Einzug der Kommunisten ins Parlament schaffen, so das Ziel. Beschlossen wurde das am Samstag bei einer gemeinsamen Konferenz der steirischen und der Bundes-KPÖ mit rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Erstmals seit 20 Jahren haben sich die steirische KPÖ und die bundesweite KPÖ wieder für eine Konferenz zusammen mit Kommunistinnen und Kommunisten aus ganz Österreich getroffen. Die Teilnehmer versammelten sich im Grazer Volkshaus und stimmten laut Bundessprecher Günther Hopfgartner bis auf eine Gegenstimme alle für ein Antreten bei der Nationalratswahl. Als Name wurde „KPÖ - Kommunistische Partei Österreich“ beschlossen.

Zum anderen wurde auch die Spitzenkandidaten gewählt: Der gebürtige Grazer Schweiger erhielt 88,9 Prozent Zustimmung für den ersten Listenplatz. Auf den zweiten Platz wurde Prochaska mit 91,9 Prozent der Stimmen gewählt. Schweiger sagte bei der Pressekonferenz nach der Stimmenauszählung: „Es freut mich, die KPÖ ins nächste Wahljahr zu führen.“ Ziel sei der Einzug in den Nationalrat, „aber wir werden uns nicht verbiegen“.

„Es gibt derzeit kein soziales Gewissen im Parlament“

Die KPÖ will vor allem mit den Themen Teuerung, gestiegene Wohnkosten sowie Pflege und Ökologie bei der Bevölkerung punkten: „Wir wollen uns da positionieren, wo wir schon stehen, nämlich bei den Menschen und ihren alltäglichen Sorgen.“ Auch die Neutralität und die Rolle als Vermittler bei Krieg sei ein zentrales Thema: „Das bereitet den Menschen Sorgen, weil der Krieg immer näher an unser zu Hause kommt und immer mehr Menschen zu uns fliehen, weil sie vom Krieg vertrieben werden, und da kommen Fragen auf“, schilderte Schweiger. „Es gibt derzeit kein soziales Gewissen im Parlament.“ Dieses wolle man nach der Wahl im Hohen Haus sein.

Prochaska, die seit 40 Jahren im Pflegebereich arbeitet, kam durch die Corona-Pandemie zur KPÖ: „Sie waren die einzigen, die uns gehört haben“, sagte sie am Samstag. Sie erlebe täglich, „wie die Pflege an die Wand gefahren“ werde. Daher brauche es auf Bundesebene eine starke Stimme für die Beschäftigten im Gesundheitswesen, so ihr Antrieb.

Schweiger und Prochaska „aus dem Leben“

Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr sei „guten Mutes, dass wir das nächste Jahr gemeinsam gut bestreiten werden“. Man wolle die Arbeit, die man seit Jahren mache, fortsetzen - in den Kommunen, in den Ländern und vielleicht bald auch auf Bundesebene, so die Hoffnung. Schweiger und Prochaska seien „aus dem Leben und wissen, wovon sie reden“. Die „arbeitenden Leute“ würden wieder eine Stimme im Parlament brauchen, ebenso Menschen, die benachteiligt und „von den anderen Parteien längst vergessen“ worden seien. Sie sieht eine Chance für den Einzug, denn „keine Sorge und kein Anliegen ist uns zu gering“.

Kay-Michael Dankl, Gemeinderat in der Stadt Salzburg und Klubobmann im Salzburger Landtag, unterstrich, dass viele Menschen in Österreich von den anderen Parteien enttäuscht seien: „Mit der KPÖ gibt es eine Alternative am Stimmzettel.“ Er selbst habe sich nicht als Spitzenkandidat aufstellen lassen, weil er in Salzburg gewählt wurde und „man kann nicht auf 1.000 Hochzeiten tanzen“. Er werde in Salzburg weiterarbeiten - ebenso Kahr in Graz. Das Ziel der Bürgermeisterin: wieder organisatorisch flächendeckend und österreichweit eine Partei werden, „die Seite an Seite bei den Menschen steht“.

Standpunkt zu Nahostkonflikt bleibt vage

Angesprochen auf seine Position im Nahost-Konflikt blieb Schweiger diplomatisch: „Es geht nicht darum, auf welche Seite des Sterbens man sich stellt, sondern darum, dass wir in Österreich eine Partei brauchen, die an eine Sache erinnert: die Neutralität hat einen Wert.“ Österreich soll sich aktiv für den Friedensdialog einbringen. Was in Nahost geschehe sei „grauenhaft“. Es werde auf beiden Seiten gestorben.

Tobias Schweiger wurde 1990 in Graz geboren und wuchs auch in der steirischen Landeshauptstadt auf. Er war bei den Jungen Grünen aktiv, gründete nach dem Wahldebakel der Grünen Bundespartei 2017 die Jungen Linken mit und wurde dann bei der KPÖ aktiv. Seit 2021 ist er KPÖ-Bundessprecher und koordiniert österreichweit die politische Arbeit zum Thema Wohnen. Bettina Prochaska wurde 1968 in Radstadt als Tochter eines Zimmermanns und einer Büroangestellten geboren, hat zwei Kinder und arbeitet seit ihrem 14. Lebensjahr im Pflegebereich. Dort hat sie mehrere Stationen durchlaufen. Am längsten und bis heute ist sie auf der Intensivstation des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Salzburg tätig. (APA)

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