Industrie

Voestalpine gibt sich nach Gewinneinbruch vorsichtiger

IMAGO/Daniel Scharinger
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Das erste Halbjahr war für den Stahlkonzern durchwachsen, der Gewinn halbierte sich. Für den langjährigen CFO, Robert Ottel, war es der letzte Auftritt.

Der gestrige Mittwoch, an dem die Voestalpine ihre Halbjahreszahlen präsentierte, hat mit Warnstreiks in Linz begonnen. Zwischen sechs und acht Uhr in der Früh wurden alle Werkseinfahrten der Voest blockiert. Ein spürbares Zeichen, das die Voestler als Reaktion auf die schleppenden Kollektivvertragsverhandlungen setzen wollten. Der Warnstreik „ist bereits seit zwei Stunden wieder aufgelöst, und der Betrieb läuft ganz normal“, sagte CEO Herbert Eibensteiner gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Der Streik der Metaller hatte in der oberösterreichischen Landeshauptstadt für Staus gesorgt.

Die laufenden Verhandlungen wollte Eibensteiner nicht „im Detail“ kommentieren. Er gehe aber davon aus, dass die Sozialpartner bald zu einem vernünftigen Ergebnis kommen würden. Die Arbeitnehmerseite fordert 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Eibensteiner: „Wir haben etwa zwei Milliarden Euro Personalkosten in Österreich – da kann man sich ausrechnen, wie viel das kosten würde, zehn Prozent wären 200 Millionen.“

Zuwächse im Bahnsegment

Eine Veränderung, die für den Stahlkonzern bereits spürbar geworden ist, ist die abflauende Konjunktur im ersten Halbjahr 2023/24. So hat sich der Gewinn nach Steuern für den Stahlkonzern gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr von 715 auf 333 Millionen Euro mehr als halbiert. Der Umsatz ging um 8,4 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro zurück.

Das Ergebnis liege im Durchschnitt und sei vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen „durchaus zufriedenstellend“, relativiert Eibensteiner. Generell waren es durchwachsene sechs Monate, in denen sich die Sektoren unterschiedlich entwickelt haben. Für den Voest-Chef sei es „strategisch relevant“ in verschiedenen Kundensegmenten vertreten und auch international breit aufgestellt zu sein. Ebenso habe sich der Fokus auf hochqualitative Produkte „im schwierigen Markt“ gelohnt.

Aus Sicht des Voest-Finanzvorstands, Robert Ottel, ist es kein „Einbruch“, sondern mehr eine „Normalisierung“ des Ergebnisses, war das Vergleichshalbjahr 2022/23 doch ein Rekordhalbjahr. „Der Umsatzrückgang ist zu zwei Dritteln auf einen Mengenrückgang und zu einem Drittel auf geringere Preise zurückzuführen“, so Ottel.

Rückgänge habe es ausschließlich in der Stahldivision gegeben, weil sich dort die Preise „im Vergleich zu 2022 von einem sehr hohen Niveau normalisiert hätten“. Verbessert habe sich das Ergebnis deutlich in der Metal Engineering Division. „Insbesondere, wo es um Ölfeldrohre geht.“ Zuwächse habe es im Eisenbahn- und Luftfahrtsegment gegeben. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien habe sich eine hohe Nachfrage gerade international gezeigt. Zudem habe die Entspannung bei den Lieferketten in der Automobilindustrie wieder zu einer stabilen Produktion geführt, heißt es.

Meilensteine

Trotz der rückläufigen Zahlen kann der Konzern auf Meilensteine im vergangenen Halbjahr zurückblicken. So wurde in Linz und im steirischen Donawitz mit Spatenstichen der Grundstein für die grüne Stahlproduktion „Greentec Steel“ gelegt. Nach rund fünf Jahren Bauzeit eröffnete vor wenigen Wochen auch das modernste Werk der Voest für Spezialstahl in Kapfenberg.

Drei energieintensive Projekte. Einmal mehr appellierte Eibensteiner an die Regierung für eine zeitliche Ausweitung der Strompreiskompensation. Das Gesetz kompensiert Industrieunternehmen 75 Prozent der indirekten CO2-Kosten mit in Summe 233 Mio. Euro. Er wünscht sich eine Ausweitung bis 2030, wie es auch andere Länder bekommen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Ottel zeigt sich motiviert

Für Ottel war es das letzte Pressegespräch als Vorstandsmitglied der Voestalpine. Ende August wurde bekannt, dass Ottel sein Amt unerwarteterweise nicht fortführen wird, was für Aufsehen sorgte. Der Manager wird den Stahlkonzern nach 20 Jahren im Vorstand mit Ende März verlassen. Wohin es für ihn geht, beantwortete der 56-Jährige nicht. „Vertrödeln“ wolle er aber seine Erfahrung keinesfalls. „Außer der naheliegenden Aufgabe als Finanzvorstand in einem großen börsenotierten Unternehmen kann ich mir auch sehr gut die Rolle eines Vorstandsvorsitzenden in einer Unternehmensgruppe vorstellen, wo ich meine Vorstellungen einer agilen, team- und leistungsorientierten Führung verwirklichen kann.“

Auf die Frage, ob er zum Aluminiumkonzern Amag gehe, sagte er, dass das eine Frage für deren Aufsichtsrat sei. Kontaktiert sei er noch nicht worden. Entscheidend seien für Ottel die Werte und die Kultur des Unternehmens. Bis zum 31. März 2024 wolle er sich aber voll auf die Aufgabe bei der Voest konzentrieren. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass seinen Posten ab 1. April 2024 Gerald Mayer übernehmen wird. Er war zuletzt 16 Jahre lang Vorstand bei der Amag.

Eibensteiners Blick in die Zukunft ist vorsichtig. Angesichts der Gewinnprognose, die zuletzt auf 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro geschätzt wurde, sieht er eine Landung „um den Bereich der 1,7 Milliarden Euro, sofern es nicht zu weiteren unerwarteten Verwerfungen kommt.“

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