Morgenglosse

Angriff auf Kompetenzen: Ärztekammer bald allein zu Haus?

Johannes Steinhart, Präsident der Wiener und Österreichischen Ärztekammer.
Johannes Steinhart, Präsident der Wiener und Österreichischen Ärztekammer.Clemens Fabry
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Lieber mit sich selbst beschäftigt, steht die Standesvertretung nun vor einem Trümmerhaufen. Die Leidtragenden sind nicht nur die Ärzte, sondern auch und vor allem die Patienten.

Es war klar, dass die monatelangen Machtkämpfe innerhalb der Ärztekammer und ihre damit verbundene Handlungsunfähigkeit nicht ohne weitreichende Folgen bleiben würden. Die Standesvertretung hat die Verhandlungen zum Finanzausgleich schlichtweg verschlafen – und sieht sich jetzt mit einer äußerst unangenehmen Situation konfrontiert.

Sollten Bund und Länder ihre bekannt gewordenen Pläne umsetzen, bleibt der Ärztekammer künftig bei wichtigen Entscheidungen nur noch die Rolle der Zuseherin. So hätte sie dann weder beim Stellenplan ein Mitspracherecht noch bei der Gründung von Ambulatorien, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Hintergrund dieser Entmachtung ist der – das kann man durchaus so sagen – Hass des Bundes und der Länder auf die Ärztekammer, die ihr vorwerfen, Projekte wie etwa die Errichtung von Primärversorgungseinheiten allzu oft blockiert zu haben, weil sie in erster Linie nicht die Interessen der Patienten, sondern die der Ärzte vertreten würde.

Bisher ist es der Standesvertretung stets gelungen, mit Gesprächen hinter den Kulissen, aufwendigem Lobbying und der Fürsprache von Kammerfunktionär Erwin Rasinger (als einflussreicher ÖVP-Gesundheitssprecher bis 2017 im Nationalrat), ihre Macht zu erhalten. Ob ihr das auch diesmal gelingt, etwa mit der Drohung, den Gesamtvertrag zu kündigen und dadurch die direkte Verrechnung zwischen Ordinationen und Sozialversicherung zu verunmöglichen, ist fraglich. Der Finanzausgleich steht vor dem Abschluss, die Ärztekammer ist nach wie vor zerstritten.

Was ein Jammer ist, denn eine Ärzteschaft ohne starke Vertretung bedeutet (noch) schlechtere Arbeitsbedingungen – Abwanderung in den Privatsektor oder ins Ausland inklusive. Und darunter leiden letztlich am stärksten die Patienten.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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