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Mit oder ohne Schnee – Seilbahn-Chef Hörl gegen „Endzeitphilosophie“ beim Wintertourismus

In vielen tiefgelegenen Skigebieten war es vergangenen Winter grün. Trotzdem sind die Liftbetreiber für die kommende Saison optimistisch.
In vielen tiefgelegenen Skigebieten war es vergangenen Winter grün. Trotzdem sind die Liftbetreiber für die kommende Saison optimistisch.Clemens Fabry
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Vor dem Saisonauftakt schwören sich die Seilbahner auf einen starken Winter ein – dem Klimawandel und der Teuerung zum Trotz. Wie sich der Wintertourismus als wichtiger Wirtschaftszweig verändert.

2023 soll „ziemlich sicher“ das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren werden, teilte der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Mittwoch mit. Eine der Folgen: weniger Schnee und kürzere Winter. Alles kein Problem, wenn es nach dem obersten Seilbahner des Landes, Franz Hörl, geht.

Die heimischen Skiregionen seien für den Winter gerüstet, die Stimmung unter den Betrieben sei gut, so der Seilbahn-Obmann. Die „moralische Debatte“, ob man in Zeiten des Klimawandels noch Ski fahren sollte, hält er für entbehrlich. „Dass es in zehn Jahren keinen Schnee mehr gibt, halte ich für reine Voodoo-Prognosen“, so Hörl. Derlei „Endzeitphilosophie“, die den Wintertourismus verteufelt und immer mehr Leute vom Skifahren abbringe, sei schädlich für die heimische Volkswirtschaft. Das Wintersport-Geschäft würde Bund und Regionen nämlich viel Geld in die Budgets spülen – im vergangenen Winter waren es rund 1,9 Mrd. Euro allein an Umsatzsteuer-Einnahmen, rechnet Hörl vor.

Fünftel weniger Deutsche

Die heimische Seilbahn- und Tourismuswirtschaft versuchte am Mittwoch einen positiven Ausblick auf den bevorstehenden Winter zu geben. Mit Blick auf die Vorsaison lässt sich aber attestieren: Die Voraussetzungen sind schwierig, die Aussichten eher getrübt. Im Vergleich zum Dreijahresschnitt der Vor-Corona-Zeit sind die Ersteintritte in die Skigebiete im Winter 2022/23 um sieben Prozent zurückgegangen. Die Ersteintritte der wichtigsten Urlaubergruppe, der Deutschen, sind gar um ein Fünftel eingebrochen, aber auch die Österreicherinnen und Österreicher fuhren im Vergleich zur Saison 2018/19 weniger Ski, zeigt eine Erhebung des Marktforschungsinstituts Manova.

Zwar war der vergangene Winter für die Touristiker kein schlechter. Dass er aber nicht an bisherige Rekordwinter heranreichte, lag vor allem am milden Wetter, sagt Manova-Chef Klaus Grabler: „Gewissermaßen zeigt die vergangene Saison, was auf den Wintertourismus zukommt. Die Schneesituation wird schwieriger, die Gäste kommen aber trotzdem.“ Das liegt auch daran, dass die Wintersport-Destinationen zuletzt die Angebote abseits der Skipisten erweitert haben. Wellnessbereiche, Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten werden immer wichtiger.

Schisaison verschiebt sich nach vorne

Die Manova-Auswertung zeigt zudem ein differenziertes Bild von dem zeitlichen Saisonverlauf der vergangenen Jahre (siehe Grafik). Während der langfristige Trend in der Vorsaison (bis Weihnachten) nach oben zeigt – der vorjährige Winter war wetterbedingt eine Ausnahme –, wird im Frühjahr tendenziell weniger Ski gefahren. Die Saisonen werden also kürzer, worauf es sich auch für die Touristiker einzustellen gilt.

„Für den bevorstehenden Winter erwarten wir eine gute Saison, aber keine sehr gute“, sagt Grabler. Das lässt sich aus den Daten der jüngsten Manova-Befragung herauslesen: 40 Prozent der Befragten gaben an, kommenden Winter mindestens einen Skiurlaub machen zu wollen. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch 46 Prozent. Und generell zeichnet sich ein leicht rückläufiger Trend ab. Knapp ein Fünftel wird keinen Winterurlaub machen, Tendenz in den vergangenen Jahren steigend.

Der Verlust von Wintersportlerinnen und Wintersportlern sei „bis zu einem gewissen Grad wohl kaum aufzuhalten“, heißt es in der Manova-Studie. Auch, weil die mediale Berichterstattung in Österreich im vergangenen Jahr dazu geführt hätte, dass für viele der Eindruck entstanden sei, dass Ski fahren mit wachsendem Nachhaltig­keitsbewusstsein in Zeiten des Klimawandels moralisch nicht kompatibel sei, ärgert sich Hörl. Er will die schlechte Nachrede über seine Branche nicht gelten lassen und verweist auf eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Vorjahr. Diese attestiert dem Skitourismus tatsächlich einen überschaubaren Energiebedarf. Seilbahnen und Pistengeräte seien insgesamt für nur 0,32 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich, der Großteil davon stamme aus erneuerbaren Quellen.

80 Prozent aus Ausland

Vor allem bei der An- und Abreise gibt es Tourismusexperten zufolge aber noch großen Aufholbedarf, was die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln betrifft. Die Skigebiete rühmen sich aber damit, in den vergangenen Jahren viel in die Anreise per Bahn investiert zu haben – vor allem aus dem Ausland. Dort liegt auch der Fokus der Wintertouristiker. Der Wintertourismus sei aber schon heute ein „Exportschlager“, betont Hörl. 80 Prozent der Skifahrer kommen aus dem Ausland. Während die Zahl der einheimischen Skifahrer zuletzt rückläufig war, stieg etwa die Zahl der Niederländer im Vorjahr stark an.

Mehr Leute aus dem Ausland braucht es wohl auch beim Personal, wo die Situation extrem angespannt ist. In vielen Hütten dürfte der Selbstbedienungsgrad kommende Saison weiter steigen.

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