Theater

Wie normal sind Riesenhasen? „Harvey“ im Vienna’s English Theatre

Simon Butteriss brilliert als Sanatoriumsleiter, Peter Ormond gibt den Hasenfreund.
Simon Butteriss brilliert als Sanatoriumsleiter, Peter Ormond gibt den Hasenfreund.
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Der ziemlich gemeine Komödien-Klassiker „Harvey“ wird von Philip Dart präzis inszeniert, mit einem lustvoll spielenden Ensemble.

Er ist zwei Meter und zehn Zentimeter groß, hat lange Ohren und ein flauschiges, weißes Fell. Millionen Menschen kennen ihn, aber wenige haben ihn anscheinend von Angesicht zu Angesicht gesehen. Dieser Riesenhase namens Harvey existiert vor allem in der Vorstellung von Elwood P. Dowd. Der ist ein wohlhabender Amerikaner mittleren Alters und äußerst freundlich. Ständig lädt er, so hört man, Menschen in Bars ein, ohne auf Standesunterschiede zu achten. Sie sehen offenbar gerne über die Marotte dieses großzügigen Optimisten hinweg, der einen Pooka, ein keltisches Fabelwesen als Freund zu haben meint. Nicht aber duldet das seine Schwester Veta, die er bereitwillig mit deren Tochter Myrtle in sein stattliches Haus aufgenommen hat. Geerbt hat es nach dem Tod der Mutter nämlich nur der Sohn.

Veta hat ein Problem: Wie soll sie ihre Tochter verheiraten, wenn im Hause ein verrückter Onkel lebt? Der kommt doch glatt auch zu ihrer Party für die bessere Gesellschaft, die als Eheanbahnung gedacht war, und redet mit allen über seinen Harvey. Deshalb bringt sie Elwood in eine psychiatrische Anstalt. Dort aber beginnt eine Serie von Verwechslungen, die dieses 1944 am Broadway höchst erfolgreich uraufgeführte Lustspiel von Mary Chase (1907 – 1981) so absurd menschlich macht. Was ist normal und was ist irre? Wer jemals die berühmte Verfilmung dieses Dramas aus dem Jahre 1950 mit dem fantastischen James Stewart in der Hauptrolle (als Elwood, nicht als Hase) und Josephine Hull als Veta (sie bekam dafür einen Oscar und einen Golden Globe) gesehen hat, ahnt: Die Unterscheidung zwischen Norm und Abnormalem ist nicht so einfach, wie sich das Harvey-Leugner vorstellen.

In Vienna’s English Theatre hatte diese Woche der Komödien-Klassiker Premiere. Und wie war „Harvey“? Einfach toll bis tolldreist. Der Brite Philip Dart, lange Zeit schon Stammgast als Regisseur im Englischen Theater in Wien, legt großen Wert auf Sprachkunst, liebt die kleinen und die dramatischeren Gesten - bis hin zur Outrage, wenn es denn die Rolle verlangt. Bei dieser Aufführung stimmte durchwegs das Timing für die Gags. Das Bühnenbild von Ken Harrison (ein feiner Salon sowie die spartanische Aufnahmestelle der Anstalt) ermöglichte zügiges Spiel, zwei Stunden lang.

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