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Wien Energie senkt die Fernwärme-Preise

 Müllverbrennungsanlage der Wien Energie in Spittelau.
Müllverbrennungsanlage der Wien Energie in Spittelau.(c) IMAGO/Volker Preu�er (IMAGO/Volker Preusser)
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Nach dem starken Preisanstieg auf Fernwärme senkt die Wien Energie ihre Preise für die kommende Heizsaison. Dabei setzt man vor allem auf „Rabatte“. Die amtliche Preisobergrenze will man nicht angreifen, um auf zukünftige Preisschocks rasch reagieren zu können. Rund 440.000 Haushalte sollen profitieren.

Auch die letzten Haushalte haben nach dem warmen Frühherbst inzwischen ihre Heizungen angeworfen. Mit 158 Terrawattstunden (TWh) macht der Wärmesektor 47 Prozent des gesamten heimischen Energieverbrauchs aus, rund zwei Drittel davon kommen immer noch aus fossilen Quellen. Zwar wird der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen politisch gefördert, geht aber viel zu zaghaft voran, um die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Der Kompromiss zum Erneuerbaren Wärme-Gesetz, den die Bundesregierung erst kürzlich beschlossen hat, der nicht zum Tausch fossiler Heizkessel verpflichtet, spricht Bände.

Große Hoffnungen auf die Dekarbonisierung des Wärmesektors macht man sich vor allem im städtischen Raum beim Ausbau der Fernwärme. Mittelfristig soll hier nämlich Geothermie als Wärmequelle eine entscheidende Rolle spielen. Derzeit basiert die Wärmeproduktion aber auch hier noch zu einem wesentlichen Anteil auf Erdgas, weshalb die Fernwärme-Preise nach Ausbruch des Ukrainekrieges mit den Gas-Kosten ordentlich nach oben gesprungen sind. Der größte Fernwärme-Anbieter des Landes ist mit 440.000 Kunden die Wien Energie. Vor der Heizsaison im vergangenen Jahr hat der Wiener Landesenergieversorger seine Fernwärme-Preise um 92 Prozent angehoben und damit fast verdoppelt, was bei vielen großen Unmut auslöste. Nun soll es aber spürbare Preissenkungen geben, kündigte Wien Energie-Chef Michael Strebl am Donnerstagabend vor Journalisten an.

90 Prozent sollen von Preissenkungen profitieren

Die Jahresabrechnung steht ins Haus – bei dieser wird rückwirkend ein Grundpreis-Rabatt von 20 Prozent berücksichtigt. Die Preissenkung ist Teil des „Energiehilfepakets“ der Stadt Wien im Umfang von 340 Millionen Euro, das Preisreduktionen bei Strom, Gas und eben Fernwärme vorsieht und bereits im Juli angekündigt wurde. 50 Millionen Euro entfallen dabei auf einen Fernwärme-Grundkostenrabatt für die abgelaufene Heizperiode 22/23.

Zusätzlich zu den rückwirkenden Entlastungen will man bei der Wien Energie auch die Fernwärme-Preise für die kommende Heizperiode wieder senken, so Strebl weiter. „Wir nutzen jeden Spielraum den wir haben, um die Preise zu senken und unsere Kundinnen und Kunden zu entlasten.“ Zwar sei auch der Fernwärmepreis von den globalen Energiemärkten abhängig. Dort entspanne sich die Lage aber nun wieder – „und das können und wollen wir weitergeben.“

Für die kommende Heizperiode 2023/24 hat man bei der Wien Energie Fernwärme-Rabatte in Höhe von 86 Mio. Euro veranschlagt. Damit werden sowohl Grund- als auch Arbeitspreis um 20 Prozent gesenkt. Dieser Rabatt gilt ausschließlich für Preisbescheidskunden, die rund zwei Drittel der Haushalte ausmachen. Jene mit indexierten Verträgen (in der Regel Großkunden oder Haushalte, bei denen der Vertag über die Haushaltverwaltung für das gesamte Wohnhaus läuft) bekommen einen Arbeitspreis-Deckel bei 120 Euro je verbrauchter Megawattstunde. Strebl spricht dabei ausdrücklich von „Rabatten“. Den amtlich festgelegten Preisbescheid wolle man nicht angreifen, um im Falle erneuter Energiepreis-Schocks rasch mit neuerlichen Preiserhöhungen reagieren zu können. Durchschnittlich wird der Fernwärmepreis in der bevorstehenden Heizsaison knapp 25 Prozent über dem Preis von vor zwei Jahren liegen.

Darüber hinaus seien weitere Entlastungen im Volumen von 120 Mio. Euro vorgesehen, so Strebl. Diese müssten im Dezember aber erst vom Aufsichtsrat beschlossen werden. Die Entlastungen werden bereits in den neuen Teilbeträgen berücksichtigt, bei neun von zehn Kunden werden die Kosten für das kommende Jahr real deutlich sinken, rechnet der Wien Energie-Chef vor.

Wien Energie fuhr vergangenes Jahr einen Gewinn von 386 Mio. Euro ein – ein Plus von 175 Prozent gegenüber 2021. Der Gewinn wurde nicht im direkten Kundengeschäft, sondern im Großhandel erwirtschaftet. Genau deswegen musste sich Wien Energie im Sommer 2022 Spekulations-Vorwürfe gefallen lassen, nachdem man wegen Termingeschäften an der Energiebörse kurzfristig Liquiditätsprobleme hatte, weil bei der Börse Kautionen in Milliardenhöhe hinterlegt werden mussten. Die Stadt Wien musste kurzfristig ein Darlehen von 1,4 Mrd. Euro an seinen Energieanbieter vergeben, das aber inzwischen längst zurückgezahlt ist.

Mehr Abwärme aus Kläranlage und Geothermie

Bis 2040 soll die Fernwärme komplett klimaneutral sein. Dafür kommen vor allem Großwärmepumpen und Geothermie zum Einsatz. Aktuell stammt gut die Hälfte der Wiener Fernwärme aus den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Erdgas betrieben werden. Etwa ein Drittel kommt aus der Müllverbrennung, der Rest aus industrieller Abwärme, Biomasse und Erd- und Umgebungswärme. Zur Spitzenabdeckung kommen außerdem Heizkraftwerke zum Einsatz.

Noch dieses Jahr will die Wien Energie die leistungsstärkste Großwärmepumpe Europas in Betrieb nehmen, die die Abwärme aus der Kläranlage in Simmering nutzen und ab 2027 Fernwärme für umgerechnet bis zu 112.000 Haushalte erzeugen wird. Der Anteil erneuerbarer Fernwärme soll damit um bis zu 14 Prozent gesteigert werden. Vor allem der Anteil der Tiefengeothermie soll bis 2040 deutlich zunehmen und bis dahin mehr als ein Viertel der gesamten Fernwärme ausmachen. Erst vor wenigen Tagen wurden dafür gemeinsam mit der OMV Probebohrungen gestartet.

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