Wien

Distanzierung von Hamas: SPÖ-Bezirkschefin Ahmad nennt Neos-Appell „rassistisch“

Saya Ahmad
Saya Ahmad APA / Comyan / Hans Punz
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Die SPÖ-Bezirkschefin am Wiener Alsergrund zeigt sich über einen Offenen Brief, in dem der Neos-Klubchef im Bezirk von ihr eine Distanzierung von den Hamas forderte, empört. Zeitgleich droht Mitgliedern der SJ-Gruppe im Bezirk der Parteiausschluss. Sie hatten eine pro-palästinensische Demo besucht.

Die SPÖ-Bezirksvorsteherin von Wien-Alsergrund, Saya Ahmad, zeigt sich „sehr betroffen“ über einen an sie gerichteten Offenen Brief der Neos-Fraktion im Bezirk. Dieser hatte die rote Bezirkschefin dazu aufgerufen, sich explizit vom Terror der Hamas in Israel zu distanzieren. Ahmad ist im Irak geborene Kurdin und laut dem Vizeparteichechef im Bezirk, Nikolaus Kowall, die „einzige Bezirksvorsteherin muslimischer Herkunft“.

Der offene Appell der Neos-Kollegen im Bezirk sei „nicht nur rassistisch konnotiert“, schrieb Ahmad am Donnerstag auf X, sondern beruhe „schlichtweg auf falschen Anschuldigungen“. Sie habe bereits am 19. Oktober „den abscheulichen Terroranschlag der Hamas verurteilt und mich dezidiert auf die Seite der israelischen und palästinensischen Zivilbevölkerung gestellt, so wie ich es bisher in zahlreichen anderen Konflikten im Nahen Osten getan habe.“

Der offene Brief sei außerdem „Ausdruck eines politischen und gesellschaftlichen Klimas, in dem Menschen aufgrund ihrer Herkunft und Religion unter Generalverdacht gestellt und zu Sündenböcken erklärt werden.“ Der Alsergrund sei ein „Menschenrechtsbezirk“. Als Bezirksvorsteherin setze sie sich „für ein friedliches Zusammenleben auch im Bezirk ein, betont Ahmad.

Vorwürfe gegen SJ bei pro-palästinensischer Demo

Gerade in Zeiten „ansteigender antisemitischer und antimuslimischer Übergriffe“ trage man als Politiker und Politikerinnen „die Verantwortung (sic!) den Zusammenhalt in unserem Bezirk und in unserer Stadt zu fördern und solidarisch zu handeln“, schrieb sie weiter in dem Posting. „Das erwarte ich mir von allen politischen Parteien, so auch von jenen am Alsergrund“.

Hintergrund des Briefs dürfte sein, dass Mitgliedern der Sozialistischen Jugend (SJ) im Bezirk derzeit gegen den Parteiausschluss droht. Sie hatten Ende Oktober eine pro-palästinensische Demonstration besucht. Ein SJ-Funktionär soll dort das Verschwinden des israelischen „Apartheids- und Terrorstaats“ in ein Mikrofon skandiert haben.

Auf Nachfrage in der SPÖ Alsergrund aber betont man: „Das ist voneinander unabhängig“ und eine „parteiinterne Geschichte“. Das habe nichts mit der Bezirksvorsteherin zu tun, die sich nicht in die Parteigelegenheiten einmische. Ahmad sitzt allerdings auch im Parteipräsidium des Bezirks und ist stellvertretende Parteichefin.

Neos: „Keinerlei Bezug zur Herkunft der Bezirksvorsteherin“

Das Büro von Neos-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr - er ist in Wien für Integrationsagenden zuständig - verwies auf die pinke Bezirksfraktion. Diese hatte nach anhaltender Kritik am Mittwoch in einer Aussendung betont, dass man die „oft sehr klaren Stellungnahmen der Bezirksvorsteherin“ zu bezirkspolitischen und weltpolitischen Themen schätze, etwa das deutlich sichtbare Plakat von Jin – Jiyan - Azadi am Balkon der Bezirksvertretung (Slogan aus der kurdischen Arbeiterpartei, der nun für die iranische Widerstandsbewegung verwendet wird, Anm.).

In Anbetracht des aktuellen Nahostkonflikts hätte man aber „festgestellt, dass es uns an vergleichbarer Sichtbarkeit fehlte, was wir besonders im Hinblick auf die bevorstehende Pogromnacht als bedeutsam erachten“, hieß es in der Stellungnahme. Die Sichtbarkeit von Haltung „war für uns nicht in ausreichendem Maß gegeben“.

Jedoch möchte man „ausdrücklich festhalten, dass unsere Forderung keinerlei Bezug zur Herkunft der Bezirksvorsteherin hat. Für uns spielt die Herkunft nie eine Rolle in politischen Stellungnahmen oder Forderungen“. Die SPÖ betonte am Donnerstag, dass man die öffentliche Entschuldigung immer noch vermisse.

(juwe)

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