Bilanz

Identitätssuche auf dem Weg an die Spitze

Ista/Peter Rigaud
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Der Molekularbiologe Martin Hetzer ist seit Jahresbeginn Präsident des Institute of Science and Technology Austria (Ista). Er will dort einen Hybrid schaffen, der das Beste aus Europa und den USA verbindet.

Von einem „großen Glücksfall“, dass das Institute of Science and Technology Austria (Ista) in Österreich sei, sprach der Molekularbiologe Martin Hetzer zu Jahresbeginn gegenüber der „Presse“. Und auch nun, nach knapp einem Jahr an der Spitze des Forschungsinstituts nördlich von Wien, fallen Worte wie „Weihnachten und Ostern“. Die große Herausforderung werde nun sein, an der gut ausgestatteten Einrichtung eine eigene Identität zu entwickeln: „Wir können nicht Modelle, die irgendwo anders funktionieren, eins zu eins nach Österreich bringen.“

Seine Amtsperiode werde daher von einer Suche nach einer solchen Identität geprägt sein, kündigte Hetzer kürzlich vor Journalisten an. Dabei will man einen eigenen Weg gehen: „Da entsteht etwas, das es so noch nicht gibt.“ Die Zielrichtung ist klar: Wenn in zehn oder 15 Jahren in Europa über Wissenschaft gesprochen werde, solle das Ista und nicht nur die ETH oder Cambridge genannt werden, so Hetzer. „Das ist unser Anspruch.“

Rasantes Wachstum

Hetzer war zuvor am renommierten Salk Institute for Biological Studies im kalifornischen La Jolla, USA, tätig. Manche hätten dort mit den Augen gerollt, als er erklärt hatte, dass es ihn an das etwas außerhalb von Klosterneuburg (NÖ) angesiedelte Ista ziehe. Die Bedenken hätten sich aber mit dem Hinweis auf die langfristig gesicherte Unterstützung seitens der öffentlichen Hand und die großen Ausbaupläne für die nächsten Jahre ausräumen lassen. „In Amerika würde ein solches Vorhaben nur über Philanthropie gehen“, sagt er. Das derzeit rund 1100 Personen und 78 Forschungsgruppen zählende Ista soll bis zum vollständigen Ausbau 2036 auf 2000 Leute und 150 Forschungsgruppen wachsen.

»Alles immer richtig haben zu müssen, ist in Österreich schon in der Schule ein Problem.«

Martin Hetzer,

Ista-Präsident

Zweierlei aus den USA würde Hetzer jedenfalls auch gern hierzulande etablieren: Erstens die Fehlerkultur, also die Bereitschaft, „zu scheitern, daraus zu lernen – und nicht bestraft zu worden“. Alles immer richtig haben zu müssen, sei in Österreich schon in der Schule ein Problem. In Kalifornien werde es auch bei Firmengründungen als Bereicherung gesehen, wenn man einmal etwas „in den Sand setzt“. Die Folge: mehr Risikobereitschaft, auch bei jungen Leuten. Dazu will Hetzer auch am 80 Nationen zählenden Ista ermuntern. Zweitens den Mut, Neues auszuprobieren. In den USA stünde meist das „Ja“, in Europa eher das „Nein“ im Vordergrund. In Europa müsse man das theoretische Konzept und die Methode erst ausführlich erklären. Das Ista solle jedenfalls ein Hybrid werden, der „die wichtigen Elemente aus den USA hat, aber auch die Vorteile des europäischen Systems“ verbindet.

Acht neue Professorinnen und Professoren wurden in Hetzers erstem Jahr ans Ista berufen, darunter erstmals auch Astrophysiker. Der Campus ist weiter angewachsen, erst kürzlich erfolgte der Spatenstich für das Vista Science Experience Center, mit dem man Wissenschaft verstärkt Kindern, Jugendlichen, aber auch der breiten Öffentlichkeit vermitteln will.

War es für Hetzer letztlich auch persönlich ein Glücksfall, zurückzukommen? Es sei für ihn kein Kulturschock, sondern ein nahtloser Übergang gewesen, sagt er. „Am Ista gibt es keine starren Strukturen, es ist sehr offen – und extrem leidenschaftlich.“ Nur eines fehlt ihm offenbar: das Meer, das ihn vom Alltag ablenkte. Zumindest sein Surfbrett soll künftig in seinem Büro stehen.

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