Leitartikel

Selbstüberschätzung, Männerbünde und sehr viel Geld

Die damalige Ärztekammer-Spitze bei einem Treffen mit Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig, und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Das Gespräch fand im Februar dieses Jahres statt.
Die damalige Ärztekammer-Spitze bei einem Treffen mit Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig, und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Das Gespräch fand im Februar dieses Jahres statt.APA/Schlager
  • Drucken
  • Kommentieren

Die Entmachtung der Österreichischen Ärztekammer ist kaum noch aufzuhalten. Eine Folge der hausgemachten Handlungsunfähigkeit der vergangenen Monate.

Zur großen Stärke der Ärztekammer gehörte immer, ihre eigenen Interessen als die der Patienten zu tarnen. Nach dem Motto: „Geht’s den Ärzten gut, geht’s uns allen gut.“ Eine kluge Strategie, denn wer will schon von übermüdeten, frustrierten und unterbezahlten Personen behandelt werden? Also ja, natürlich sollen Ärzte in Spitälern und Praxen besser bezahlt werden und mehr Zeit für Fortbildung haben – befreit von unnötiger Bürokratie und starren Arbeitszeitmodellen.

Hinzu kommen die beinahe unantastbare Autorität und das enorme Ansehen von Ärzten. Kaum einer Berufsgruppe lässt man hinsichtlich Auftreten und Habitus mehr durchgehen als dieser. Oder wann haben Sie zuletzt zu jemandem in einem Arztkittel gesagt, er oder sie solle Sie nicht ständig unterbrechen, wenn Sie versuchen, Ihre Beschwerden zu beschreiben? Oder Sie dabei ansehen, statt dauernd etwas in den Computer zu tippen? Sich dieses Prestiges und der Rückendeckung aus der Bevölkerung bewusst, traten Funktionäre der Ärztekammer gegenüber ihren Verhandlungs­partnern stets sehr selbstsicher, um nicht zu sagen selbstgerecht auf. Begleitet von einer gewissen Beratungsresistenz – gegen externe Expertise wie gegen interne. Mit beachtlichem Erfolg, denn für eine Standesvertretung ist die Ärztekammer sehr einflussreich – ob Gesamtvertrag und Stellenplan in Ordinationen oder Arbeitszeiten und Ausbildungsmodalitäten in Spitälern, ohne Zustimmung der Kammer läuft im Gesundheitssystem fast nichts.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.