Sozialministerium

„Housing first“: 6,6 Mio. Euro für Reform der Wohnungslosenpolitik

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) reformiert die Wohnungslosenhilfe.
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) reformiert die Wohnungslosenhilfe.APA / APA / Georg Hochmuth
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Bis 2024 sollen mit dem Konzept 1000 Menschen eine eigene Wohnung erhalten. Der Sozialbereich freut sich über die „soziale Innovation“, die er seit Jahren fordert. Das Tabuthema betrifft immer mehr Menschen: Sechs Prozent sind laut Statistik Austria einmal im Leben ohne fixes Zuhause.

Mit den sinkenden Temperaturen gelangt das Thema aktuell wieder verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) präsentierte für die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit am Montag nun einen neuen Ansatz: Mit der Strategie „housing first“, die international inzwischen als Standardkonzept in der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit fungiert, kündigt er eine Reform im Sozialbereich an. Elisabeth Hammer von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (Bawo) nannte sie bei der Pressekonferenz im Sozialministerium „soziale Innovation“ und eine „Allianz der Vielen“.

Gemeinnützige Bauvereinigungen stellen für das Projekt im kommenden Jahr 512 leistbare Wohnungen zur Verfügung. Das Programm werde bis Ende 2024 mit 6,6 Mio. Euro vom Bund gefördert. Herangezogen soll das Geld vor allem für „Eintrittshürden“ wie etwa Kaution oder Umzugskosten werden. Kooperationen wird es dazu mit gemeinnützigem Wohnbauträgern, rund 70 sind am Bord, geben. Zudem wird das Programm von 25 Sozialorganisationen mitgetragen. 1000 wohnungslose Menschen sollen so in sieben von neun Bundesländern eine eigene Wohnung finden. Vorarlberg und Tirol sind nicht mit dabei mit Verweis auf eigene Projekte.

Hammer lobte am Montag den „Schulterschluss zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik, den es bisher so nicht gab“ und hob dabei vor allem die wohnpolitische Seite hervor.

Zuerst die Wohnung, dann der Rest

Konkret besagt der Ansatz, dass das zentrale Element für den Wiedereintritt in einen geordneten Alltag ein eigenes Zuhause ist. Erst wer wieder sichere eigene vier Wände habe, verfüge über Kapazitäten, Suchtprobleme zu bekämpfen, auf Jobsuche zu gehen und wieder ein stetes Einkommen zu erlangen. Rauch präsentierte das Programm als Teil der EU-Strategie, bis 2030 Wohnungslosigkeit gänzlich zu beenden.

Die Betroffenen unterschreiben einen eigenen Mietvertrag und kommen selbst für die Miete auf. Sozialarbeiterinnen und -arbeiter begleiten sie dabei, Fragen zu Finanzen oder zur Bewältigung des Alltags werden in der eigenen Wohnung gelöst. Damit sollen mehr Menschen langfristig aus der Obdach- und Wohnungslosigkeit geführt werden.

Sechs Prozent betroffen

Denn insgesamt betrifft das Problem laut Statistik Austria bis zu sechs Prozent der Bevölkerung, die irgendwann einmal wohnungslos werden. Die in der Forschung als „verdeckte Wohnungslosigkeit“ bezeichnete Form betrifft tatsächlich noch mehr, nämlich jene, die etwa bei Freunden unterkommen, von Couch zu Couch surfen und sich so über die eigene Obdachlosigkeit hinwegretten.

Zwar sind 67 Prozent der wohnungslosen Betroffenen Männer, wie Rauch betonte, doch seien die Biografien diverser als jenes, das man landläufig von Wohnungslosen habe: Sie umfassten Frauen, die sich aus Gewaltbeziehungen flüchten wollen genauso wie beruflich erfolgreiche Menschen, die nach einer Insolvenz plötzlich in Schieflage geraten oder jene, die nach einer Trennung oder Scheidung plötzlich mit finanziellen Existenznöten zu kämpfen hätten.

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