Filmkritik

So großstädtisch kann Graz sein: „Bosnischer Topf“ im Kino

Senad Bašic als Faruk, Bruna Bebic als Dragica.
Senad Bašic als Faruk, Bruna Bebic als Dragica.Telefilm
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Eine gelungene steirisch-kroatische Mischung: „Bosnischer Topf“ von Pavo Marinković.

Es gibt Filme, die sind Roadmovies in Anmutung und Tempo, obwohl sie fast nur in einer Großstadt spielen. „Bosnischer Topf“ beweist dieses Paradoxon. Und zeigt dazu, dass sich Graz bestens als (filmische) Großstadt eignet: Wenn Peter Roehslers Kamera etwa die Annenstraße und den Tunnel zum Hauptbahnhof einfängt, entsteht eine packende (sub-)urbane Landschaft, die den Vergleich mit New Yorker Settings nicht scheuen muss.

Und wieso Graz? Weil „Bosnischer Topf“, das von der kroatischen Telefilm produzierte Projekt des kroatischen Regisseurs Pavo Marinković, dort gefördert und daher gedreht wurde. Was sich nun durchaus in gesteigertem Tourismusaufkommen auswirken könnte. Der Film fasziniert nämlich durch seine städtischen Aufnahmen. Aber auch, und nicht zuletzt, durch den Hauptdarsteller Senad Bašic: Mit wildem Charme, gewitzten Blicken und leicht verbittertem Lächeln spielt er Faruk, einen Schriftsteller aus Sarajewo, der in den Jugoslawien-Kriegen aus Graz geflüchtet ist und dort nun nachweisen soll, dass er einen wertvollen Beitrag zur österreichischen Kultur leistet. Schwarz-weiße TV-Beiträge wie einer über den „Bosnischen Topf“, ein von Bauarbeitern unterirdisch gebrautes Eintopfgericht, reichen der routiniert unwirschen Behörde offenbar nicht.

Also geht’s mit einem alten Theaterstück namens „Die Vampire von Miljacka“, das wegen des Kriegs in Sarajewo nicht mehr aufgeführt werden konnte, in ein Off-Theater. Auch die Atmosphäre in einem solchen – das allerdings in Zagreb gedreht wurde – stellt Marinković kenntnisreich dar, in ironischer Überhöhung (so brennt der Bühnenmeister während der Vorstellung Schnaps), aber deutlich weniger kabarettistisch als in so manchem österreichischen Spielfilm. Obwohl zumindest das Steiermark-Klischee des Kürbiskernöls als Running Gag bemüht wird.

Trockener Humor

Wie überhaupt der lakonische, nie brüllende Humor eine Stärke dieses Films ist. In seiner leisen Melancholie erinnert er an Finnisches à la Kaurismäki, wobei deutlich mehr geredet wird. Mit extratrockenem Schmäh allerdings, sowohl in der Grazer Szene als auch im Ex-Jugoslawien-Milieu. Dieses wird mit subtiler Selbstironie gezeichnet, Bruna Bebic ist etwa eine so hantige wie liebenswerte Dragica, die mit Faruk eine scheinbar offene, aber sehr innige Beziehung verbindet.

Andreas Kiendl, bekannt etwa als Kommissar in „Soko Kitzbühel“, verleiht der Rolle des verbrauchten Off-Theatermachers schleißigen Glanz. Auch der Rest des Teams vereint Komödiantik und Tiefe. Ohne Larmoyanz – was beim emotional belasteten Thema einer drohenden Abschiebung nicht selbstverständlich ist. Am Ende kommen die Bauarbeiter wieder ins Bild, man soll nicht verraten, wohin sie Faruk begleiten, aber man kann es sich denken.

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