Translation im Umbruch

Macht die künstliche Intelligenz den menschlichen Übersetzer überflüssig? 

gettyimages
  • Drucken

KI-Programme für Übersetzungen werden immer besser. Aber können sie den Menschen wirklich ersetzen? Eine Frage, mit der die Translationswissenschaften stark konfrontiert sind.

Täglich werden auf der ganzen Welt Trillionen von Wörtern maschinell übersetzt. Eine Textmenge, die rund um den Globus weiter wächst und dazu führt, dass Übersetzerinnen und Dolmetscher diese gar nicht mehr selbst bewältigen können, meint Stefan Baumgarten, Leiter des Instituts für Translationswissenschaften an der Universität in Graz. Wie gut KI dazu einsetzbar ist, komme auf die Textsorte an, so Baumgarten. Vor allem Texte wie Softwareanleitungen und Wetterberichte, in denen sich Fachbegriffe oft wiederholen, könnten schnell von der Maschine übersetzt, sollten aber nach­editiert werden. Ein neuer Aufgabenbereich für die Branche: „Für angehende Translatoren wird es wichtiger, einschätzen zu können, was sich für maschinelle Übersetzung eignet und was nicht.“ Gleichzeitig ändere sich die Notwendigkeit der Spezialisierung auf ein Fachgebiet. „Während man früher jahrzehntelang Fachtranslator für ein Gebiet war, kann man sich heute durch elektronische, webbasierte Recherche und durch die KI behelfen, wenn nicht jeder Fachbegriff geläufig ist.“

Klar ist: Für sensible Bereiche wie Justiz, Gesundheit, Integration und Migration braucht es den menschlichen Übersetzer. „Fehler können hier verhängnisvolle Konsequenzen nach sich ziehen“, sagt der Wissenschaftler. Zwar erkenne eine Maschine Begriffe, die sie schon früher übersetzt hat, was bei fachlichen Texten hilfreich sein kann. Doch je mehr Alltagssprache und Zweideutigkeiten in einem Text vorkommen, je mehr Sprichwörter und Wortspiele, desto weniger könne die KI mithalten.

Die KI hat kein Welt- und Kontextwissen

Vor allem im Bereich der Literaturübersetzung müssen sich Translatoren darum noch lang keine Sorgen machen, dass ihnen Arbeit weggenommen werde, ist Baumgarten überzeugt, da besonders bei kreativen Texten die reine menschliche Übersetzung als noch effizienter erscheine. Von dem weltweiten Übersetzungsvolumen seien rund zehn Prozent kreative Texte, die sich von der Maschine noch nicht und wahrscheinlich gar nie übersetzen ließen, da es der Maschine an „Welt- und Kontextwissen“ fehle.

»Für Translatoren wird es wichtiger, einschätzen zu können, was sich für maschinelle Übersetzung eignet und was nicht.«

Stefan Baumgarten

Wissenschaftler, Uni Graz

Und auch Waltraud Kolb von der Universität Wien, die auf den Bereich Literaturtranslation spezialisiert ist, schlägt in dieselbe Kerbe: „Man kann die maschinenübersetzten Texte als Vorentwurf nutzen und durch eine nachfolgende Bearbeitung durch Menschen, das sogenannte Post-Editing, grammatikalisch und idiomatisch korrekte Texte erhalten.“ Aber selbst sehr sorgfältig posteditierte Texte würden in der Regel nicht die literarische Qualität erlangen, die Menschen erreichen. Klar sei, dass der Maschine das Gespür für den Ton und den Stil eines literarischen Textes fehle. Auch ließen sich die Spuren der Maschinenübersetzung nicht ganz eliminieren, so Kolb, „der resultierende Text wird sich in den allermeisten Fällen trotz Nachbearbeitung irgendwie ‚hölzern‘ anhören. Ein posteditierter Text wird kaum so rund und geschmeidig wie einer, den von Anfang an ein Mensch übersetzt hat.“

Zukunftsaufgabe: Texte managen

Wie geht es nun Studierenden mit dem Umbruch in ihrer Branche? Auch sie machen sich aktuell wenig Sorgen: „Natürlich gewinnt KI in unserem Fach an Bedeutung, wir Übersetzerinnen und Dolmetscher werden in Zukunft wohl eher das Management übernehmen als das eigentliche Übersetzen“, sagt Anna Kazakidu, die in Innsbruck ihren Master in Translationswissenschaft macht. Derzeit diene KI ihrer Ansicht nach mehr als Hilfestellung denn als Ersatz, außerdem sei zu bemerken, dass „Englisch von der Maschine schon sehr gut übersetzt wird, während slawische Sprachen noch schlecht übertragen werden.“ Aktuell sei Russisch-Deutsch, was sie unter anderem studiert, sehr gefragt. „Da sieht es mit der KI noch schlecht aus“, sagt Kazakidu.

»Beim literarischen Übersetzen mache ich mir für die nächsten zehn Jahre keine Sorgen. Hier braucht man den menschlichen Touch.«

Franziska Schwaiger

Studentin, Uni Innsbruck

Und auch Franziska Schwaiger, ebenfalls Studentin der Trans­lationswissenschaft in Innsbruck, sagt: „Beim literarischen Übersetzen mache ich mir für die nächsten zehn Jahre keine Sorgen. Hier braucht man den menschlichen Touch. Nuancen, die die KI noch nicht erkennen kann, sind wichtig. Man ist quasi ein Mitautor.“ Manchmal nutze sie KI für Vorschläge, „aber es geht ja abseits des eigentlichen Sinns auch um den Stil des Autors, in den man sich hineinversetzt“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.