Screwball-Komödie

Elfriede Hammerl: „Hund Herbert ist mir passiert“

Elfriede Hammerl existiert, Herbert ist leider nur Fiktion.
Elfriede Hammerl existiert, Herbert ist leider nur Fiktion.Akos Burg
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Elfriede Hammerl hält Zwiesprache mit einem aufmüpfigen Vierbeiner, der zu allem eine Meinung – und meistens recht – hat.

Herbert ist mir passiert. Ich weiß, das sagen viele, aber er ist um die Ecke gebogen und war auf einmal da.“ Elfriede Hammerl hatte schon immer ein Herz für Hunde. Einer wie Herbert ist ihr allerdings noch nie untergekommen.

Herberts Anspruchsdenken wird nur noch von seinem ständigen Hunger übertroffen, sein scharfer Blick auf die Welt nur noch von seinem feinen Näschen für (männliche) Konkurrenz, sei es auf zwei, sei es auf vier Beinen. Und da Herbert zu allem eine Meinung hat, befinden sich Frauerl und Hund bald in einem Zwiegespräch über Gott und die Welt. Wobei der Hund meistens recht hat.

Umso größer der Schock, wenn sich herausstellt, dass Herbert gar nicht existiert – zumindest nicht außerhalb des Buchdeckels, von dem er skeptisch-soigniert, mit leicht hochgezogener Augenbraue auf die Leser blickt, die ihm höchstens den Hundekuchen reichen können. Die treffende Cover-Illustration von S. R. Ayers sorgt dafür, dass Herbert nur so und nicht anders aussehen kann. „Der Hund hat recht“ handelt auf vergnügliche und nachdenkliche Art und in flotten, an Screwball-Komödien erinnernden Dialogen diverse Aspekte des Lebens ab, von Liebe und Partnerschaft bis zu Kindern und Krisen. Wobei der Abstand zwischen Mensch und Hund kleiner ist, als man denkt.

Die Liebe zum Dialog

Elfriede Hammerl (78) ist eine der Grandes Dames des österreichischen Journalismus, vielfach ausgezeichnet, mit dem Concordia-Preis, dem Publizistikpreis der Stadt Wien oder dem Kurt-Vorhofer-Preis. Am bekanntesten wurde Hammerl für ihre Kolumnen im „Profil“. Daneben schreibt sie Drehbücher („Probieren Sie’s mit einem Jüngeren“), Theaterstücke und Romane. Im Zwiegespräch mit Herbert bewegt Hammerl sich auf ihrem bevorzugten literarischen Untergrund: „Es macht mir viel mehr Spaß, Dialoge zu verfassen als beschreibende Elemente. Ich finde diesen verbalen Schlagabtausch sowohl als Schreiberin als auch als Leserin vergnüglich.“

Hammerls Bedürfnis, „gelegentlich Abstand von den schrecklichen Ereignissen in der Welt zu gewinnen“, nahm relativ plötzlich Form an, und zwar die von Herbert: „Mit dem ersten Satz war er da, und ab da war es eine Freude weiterzumachen.“ In diesem ersten Satz markiert Herbert gleich einmal das emotionale Territorium zwischen ihm und seinem Menschen: „Glaub nicht, dass ich dir einen Heiligenschein verpasse!“ Der Grund dafür könnte sein, dass Herbert aus dem Tierheim geholt wurde, was er so allerdings nicht stehen lassen will: „Boarding House“ klingt in den Ohren des zutiefst anglophilen Vierbeiners wesentlich angemessener, der von Burberry-Halsbändern träumt, jede Folge von „Downton Abbey“ gesehen hat und sich bestens beim Pferderennen in Ascot auskennt. Warum das so ist, wird erst gegen Ende enthüllt. 

Ritter mit Fell und Tadel

Herbert zeigt sich insgesamt als Ritter mit Fell, wenn auch mit Tadel: „Ich halte zu dir. Ich knurre jeden an, der dir blöd kommt.“ Was durchaus nach einem Wunschpartner klingen könnte, hält ­Elfriede Hammerl angesichts von Herberts ständiger Bereitschaft zur Besserwisserei allerdings nicht für erstrebenswert. „Ich glaube nicht, dass ich permanent zurechtgewiesen werden möchte“, sagt sie lachend. „Von einem Menschen würde ich mir das schon gar nicht gefallen lassen.“

„Der Hund hat recht“ ist nicht autobiografisch, wenn auch Hunden und Katzen gewidmet, mit denen die Tierfreundin Elfriede Hammerl im Lauf der Zeit zusammengelebt hat. „Herbert ist ein bisschen wie ein Alter Ego“, sagt die Autorin, „aufsässig, rechthaberisch, ungeniert, egoistisch. Herbert pfeift sich nichts, aber das schaff ich halt nicht.“ 

Über Armut spricht man nicht

Allerdings ist das Buch sehr wohl inspiriert von den gesellschaftlichen Themen, die Elfriede Hammerl derzeit umtreiben. Dazu zählt unter anderem die besondere Einstellung zu Armut, über die man in Österreich nicht sprechen darf – außer mit einer gewissen Koketterie. „Ich sehe, wie die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft, wie die Mittelschicht immer mehr abrutscht. Ich habe selbst erlebt, dass mir die Heizungsrechnung des letzten Jahres richtiggehend Existenzängste bereitet hat. Und daneben gibt es die ,Sorglos‘-Society, die das alles überhaupt nicht nachvollziehen kann.“ Dies ist eines der wenigen Themen, zu denen Herbert mehr Fragen als Antworten hat. Dieser Zustand ist allerdings bei diesem großformatigen Hund im kleinformatigen Buch natürlich nicht von langer Dauer.

ZUM BUCH

Elfriede Hammerl: „Der Hund hat recht. Ein Dialog“, Kremayr & Scheriau, 22,95 Euro.
Termin: Das Buch wird am 20. 11. um 19 Uhr bei Thalia Wien-Mitte, Landstraßer Hauptstraße 2a/2b, vorgestellt. Die Autorin liest gemeinsam mit dem Schauspieler Robert Ritter.

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