Lohnrunde

„Wirtschaftliche Realitäten anerkennen“: Arbeitgeber fordern Entgegenkommen von Gewerkschaften

Die Metaller haben ihre 6. Runde am Montag nach einem elfstündigen Verhandlungsmarathon ohne Abschluss abgebrochen und streiken. Im Bild eine Versammlung vor dem Firmenstandort der iSi GmbH am Dienstag in Wien.
Die Metaller haben ihre 6. Runde am Montag nach einem elfstündigen Verhandlungsmarathon ohne Abschluss abgebrochen und streiken. Im Bild eine Versammlung vor dem Firmenstandort der iSi GmbH am Dienstag in Wien.APA / APA / Max Slovencik
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Die Lohnverhandlungen spitzen sich zu. Nach schwierigen Verhandlungen wird die nächsten Tage gestreikt und demonstriert. Die Arbeitgeber betonen die „katastrophale“ wirtschaftliche Lage – und fordern, dass die Gewerkschaft ihnen entgegenkommt.

Die Kollektivvertragsverhandlungen werden dieses Jahr so ruppig geführt, wie schon lange nicht mehr. Die Metaller haben ihre 6. Runde am Montag nach einem elfstündigen Verhandlungsmarathon ohne Abschluss abgebrochen, auf den Handel wartet am Donnerstag eine schwierige 3. Verhandlungsrunde und auch im Gewerbe und Handwerk stehen viele Branchen am Beginn von Lohnverhandlungen.

Gemeinsam ist allen, dass die Situation so schwierig ist, wie kaum je zuvor: Die österreichische Wirtschaft befindet sich in einer Rezession. Sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber haben valide Argumente für ihre Forderungen: Die Gewerkschaften wollen hohe Abschlüsse im Bereich der rollierenden Inflation, zu verteilen gibt es in den allermeisten Branchen aber wenig.

Man habe „großes Verständnis, dass der Arbeitnehmerseite die Erhaltung der Kaufkraft ein großes Anliegen ist“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Wirtschaftskammer-Obfrau für das Metallgewerbe, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Handelsobmann Rainer Trefelik und Industrie-Obmann Sigi Menz. „Lohnerhöhungen müssen finanziert werden, Geld fällt nicht vom Himmel“, so Scheichelbauer-Schuster. Die Lohnverhandlungen für das Metallgewerbe starten am 20. November, sie betreffen rund 211.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

„Von den Gewerkschaften hört man immer nur ein sowjetisches ‚Njet‘. Wir sehen bisher überhaupt kein Entgegenkommen von der anderen Seite“, sagt Handelsobmann Rainer Trefelik, hier mit GPA-Verhandlerin Helga Fichtiger.
„Von den Gewerkschaften hört man immer nur ein sowjetisches ‚Njet‘. Wir sehen bisher überhaupt kein Entgegenkommen von der anderen Seite“, sagt Handelsobmann Rainer Trefelik, hier mit GPA-Verhandlerin Helga Fichtiger.APA / Comyan / Helmut Fohringer

Handel real immer noch unter Umsatzniveau von 2019

„Dass wir heute zu dritt hier sitzen, zeigt, dass die schwierige Situation den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich betreffen“, sagt auch Handelsobmann Trefelik. Zählt man all ihre Forderungen zusammen, fordert die Gewerkschaft im Handel plus 14 Prozent, das ist weit von irgendeiner Machbarkeit entfernt.“ Einige Handelssparten liegen real immer noch unter dem Umsatzniveau von 2019.

Bei allem Verständnis für die Arbeitnehmer-Forderungen, müsse man daher die „wirtschaftlichen Realitäten anerkennen“. Der heimische Handel bekommt die schwache Konjunktur besonders zu spüren, davon zeugen nicht nur spektakuläre Großpleiten im laufenden Jahr, sondern vor allem die vielen „schleichenden Schließungen“, die insbesondere Klein- und Mittelbetriebe treffen, so Trefelik. Insgesamt liegt die Zahl der Schließungen im ersten Halbjahr 2023 rund 240 Prozent über dem Niveau von 2021.

Lohnstückkosten in Industrie schon bisher weit über dem EU-Schnitt

Neben der Verantwortung für die Arbeitsplätze geht es aber gerade für die exportorientierte österreichische Wirtschaft auch um Verantwortung für die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen und ihrer Produkte, sagt Industrie-Obmann Sigi Menz. „Wir wollen und müssen wettbewerbsfähig bleiben“.

Menz verweist auf den starken Anstieg der Lohnstückkosten, der der heimischen Industrie zu schaffen mache. Diese seien hierzulande im internationalen Vergleich seit Jahren außergewöhnlich hoch. Hatten heimische Exporteure bisher schon einen schweren Stand im internationalen Wettbewerb, könnten sich die außergewöhnlich hohen Lohstückkosten spätestens jetzt zum wirklichen Problem für die Exporteure auswachsen, warnt Menz. Der Export könnte sich nun schmerzlich abbremsen, was einen Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge haben könnte.

Von möglichen Kompromissen scheinen die Interessensvertreter sowohl bei den Metallern, als auch im Handel momentan weit entfernt. Es werde „kreative Lösungen“ brauchen, so die Arbeitgeber. Gemeint sind damit steuerbefreite Einmalzahlungen, die die Gewerkschaften als „nicht nachhaltig“ zurückweisen. Derweil wird gestreikt und demonstriert. Am Donnerstag wird im Handel weiter verhandelt. Zu verteilen gibt es hier noch weniger als in der Industrie. Lohnverhandlungen seien zwar kein Basar, betonte Trefelik am Dienstag, dennoch werden beide Seiten aufeinander zugehen müssen, um sich einigen zu können.

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