USA/China

Xi zu Biden: „Die Welt ist groß genug“ für zwei Supermächte

Joe Biden empfing Xi Jinping am Mittwochnachmittag auf dem Filoli-Anwesen nahe San Francisco in Kalifornien.
Joe Biden empfing Xi Jinping am Mittwochnachmittag auf dem Filoli-Anwesen nahe San Francisco in Kalifornien.AFP
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Bei ihrem Treffen in Kalifornien einigten sich der chinesische und der US-Präsident auf die Wiederaufnahme militärischer Kommunikation und ein Vorgehen gegen die illegale Fentanyl-Produktion. Im Konflikt um Taiwan bleiben die Fronten verhärtet.

New York/Woodside. Üblicherweise sind es Tech-Unternehmer aus dem Silicon Valley, die das Filoli-Anwesen für ihre Hochzeiten buchen. Am Mittwoch aber kam ein anderes Pärchen dorthin, mit großem Aufgebot: US-Präsident Joe Biden empfing seinen chinesischen Amtskollegen, Xi Jingping, auf dem Anwesen, etwa 40 Autominuten von San Francisco entfernt. Dort findet aktuell der Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) statt. Vier Stunden soll die Zusammenkunft gedauert haben.

Xi war zuletzt im Jahr 1985 hier, als 31-Jähriger. Im Internet kursierte ein Foto, das den damaligen Lokalpolitiker grinsend vor der Golden-Gate-Brücke zeigt. 38 Jahre später ist Xi Präsident; seine letzte Zusammenkunft mit Biden war vor einem Jahr, auf Bali. Die Situation zwischen China und den USA ist dabei so angespannt wie immer. Die Brocken, die vor den beiden Mächten liegen, sind riesig. Die Länder sind geopolitische Rivalen, und ihr Wettstreit ist längst schon wirtschaftlicher Natur: Die USA wollen amerikanisches Investment in China bremsen, während Peking seine eigene Hightech-Industrie hochgefahren hat – und Bürger dazu anhält, im Land produzierte Handys und andere Produkte zu kaufen. Dazu kommen noch die Fentanyl-Missbrauchskrise und der Zusammenbruch der militärischen Kommunikation zwischen den beiden Ländern. Umso kritischer in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – und die Unsicherheit rund um Taiwan.

Wohl auch deshalb bemühte sich das Weiße Haus im Vorfeld, die Erwartungen niedrig zu halten. Zwar hatten sich US-amerikanische und chinesische Politiker vor der Zusammenkunft über Monate hinweg intensiv ausgetauscht. Doch jedes Ergebnis des Treffens der beiden Präsidenten würde nur minimal ausfallen, so der Tenor.

Kooperation im Kampf gegen Klimawandel sei „wahrer Fortschritt“

Nach dem Treffen kündigte Biden an, die USA und China wollten die Kommunikation zwischen den Streitkräften beider Länder wiederaufnehmen. Der Schritt sei von „entscheidender Bedeutung“, sagte Biden. Ohne Austausch könne es zu Unfällen und Missverständnissen kommen. Biden berichtete auch, dass er telefonisch Kontakt mit Xi halten wolle.

Chinas Staats- und Parteichef, Xi Jinping, mit US-Präsident Joe Biden.
Chinas Staats- und Parteichef, Xi Jinping, mit US-Präsident Joe Biden.Reuters/Kevin Lamarque

Aus US-Kreisen verlautete, dass die Vereinbarungen im Bereich Militärkommunikation etwa ein Treffen von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin mit seinem chinesischen Kollegen vorsehen. Außerdem solle es operative Gespräche hochrangiger militärischer Führungspersonen beider Länder geben.

Zudem versprachen die zwei größten Klimasünder der Welt, künftig gemeinsam gegen die Erderwärmung vorzugehen, indem sie die Produktion von Wind-, Solar- und anderen erneuerbaren Energien fördern wollen. Das Ziel sei, fossile Brennstoffe zu ersetzen. Ein Zeichen „wahren Fortschritts“, wie Biden sagte. Xi bezeichnete am Beginn des Treffens die Welt als „groß genug“, um zwei Supermächte auszuhalten.

Biden hält Xi nach wie vor für einen Diktator

Ein US-Regierungsvertreter sprach außerdem von einer Einigung beim Thema Fentanyl. Demnach will China direkt gegen Produzenten des synthetischen Opioids vorgehen, das um ein Vielfaches stärker ist als Heroin und zu einem massiven Drogenproblem in den USA geführt hat.

Doch nicht alles ist rosig, auch nicht in Kalifornien. Xi richtete Biden aus, dass es „unrealistisch“ sei, dass eine der beiden Mächte erwarte, die andere „umgestalten“ zu können. Chinesische Staatsmedien berichteten, Xi habe seinem Frust über die US-Investment- und Exportsperren Luft gemacht. Chinas „legitime Interessen“ seien dadurch „empfindlich beschädigt“ worden. Den chinesischen Bürgern sei „ihr Recht auf Entwicklung“ entzogen worden. Nach dem Treffen sagte Biden bei einer Pressekonferenz, dass er seine Ansicht von Juni, Xi sei ein Diktator, nicht geändert habe. 

Biden fordert von Xi „Frieden und Stabilität“ auf Taiwan

Besonders heikel aber ist das Thema Taiwan. Wie die überwältigende Mehrheit der Staaten erkennen auch die USA die Zugehörigkeit der Insel zu China an, steht Taiwan aber zugleich durch eine militärische Beistandsverpflichtung im Wort. Biden hatte diese zum großen Missfallen Chinas mehrfach öffentlich bekräftigt. Dagegen macht Xi kein Hehl aus seiner Absicht, die abtrünnige Provinz wieder in den chinesischen Staatsverband einzugliedern.

Einem US-Regierungsvertreter zufolge pochte Biden gegenüber Xi darauf, dass „Frieden und Stabilität“ auf der Insel gewahrt bleiben. Auch sollten Wahlvorgänge in Taiwan respektiert werden, sagte er mit Blick auf die Präsidentenwahl im Jänner, bei der ein Sieg des Pro-Unabhängigkeit-Lagers erwartet wird. Dies könnte zu einer Zuspitzung des Konflikts mit Peking führen.

»Sehen Sie, Frieden ist (…) schön und gut, aber irgendwann müssen wir zu einer umfassenderen Lösung übergehen.«

Xi Jinping

Chinas Staats- und Parteichef

Den Angaben nach merkte Xi gegenüber Biden an, dass das Thema Taiwan der größte und potenziell gefährlichste Konflikt in den Beziehungen zwischen den USA und China sei. Er höre immer wieder Berichte aus den USA, wonach China eine militärische Aktion in Taiwan plane, zitierte der US-Regierungsvertreter den chinesischen Präsidenten. Dies sei aber nicht der Fall. Xi habe deutlich gemacht, dass er eine „friedliche Wiedervereinigung“ mit Taiwan bevorzuge, sei aber dann gleich zu den Bedingungen übergegangen, unter denen Gewalt angewandt werden könnte. Biden habe versichert, dass die USA entschlossen seien, den Frieden in der Region zu erhalten. „Präsident Xi antwortete: ,Sehen Sie, Frieden ist (…) schön und gut, aber irgendwann müssen wir zu einer umfassenderen Lösung übergehen‘“, sagte der Beamte.

Innenpolitische Scharmützel

„China“ ist dabei schon längst zum Wahlkampfinhalt geworden, und zwar zum republikanischen. Während Biden den diplomatischen Drahtseilakt ablieferte, warfen ihm seine politischen Gegner Schwäche vor. Das Weiße Haus würde „klein beigeben“ gegenüber Xi, schrieb das republikanische Nationalkomitee in einer Aussendung und warf Biden vor, technischen Fortschritt für diplomatische Beziehungen zu opfern.

Tatsächlich ging ein Teil des von Biden 2022 angeleierten Indo-Pazifik-Wirtschaftsrahmens für Wohlstand im Vorfeld des Apec krachen, weil sich Teile von Bidens Demokraten dagegengestellt hatten. Die USA würden ihren Ruf verlieren, verlässliche Handelspartner zu sein, meinen Beobachter. Xi hingegen brachte sich am Mittwochabend bei einem Dinner mit US-Konzernführern in Stellung: Er will China als sicheren Investmentstandort präsentieren.

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