Leitartikel

Der Macron in uns – der Nahe Osten in Österreich

Pro-Palästina-Kundgebung auf dem Wiener Stephansplatz.
Pro-Palästina-Kundgebung auf dem Wiener Stephansplatz. Imago / (c) Leopold Nekula/viennaerport
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Der Gaza-Konflikt macht auch bei uns sichtbar, was manche lang nicht wahrhaben wollten: Es gibt kulturelle, religiöse, politische Spannungslinien.

Die früheren Staatspräsidenten François Hollande und Nicolas Sarkozy nahmen teil, die amtierende Ministerpräsidentin Élisabeth Borne sowie weitere hochrangige Politiker. Nur einer fehlte: Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron. Beim Marsch gegen Antisemitismus am vergangenen Sonntag in Paris.

Warum Macron nicht teilnahm, darüber wurde viel spekuliert. Naheliegend ist: Er wollte die muslimischen Bürger des Landes, also jene, die leicht entflammbar sind für kulturelle wie politische Konflikte, nicht provozieren. „Soumission“, also Unterwerfung, würde das der Schriftsteller Michel Houellebecq nennen, so lautete jedenfalls der Titel seines dystopischen Romans, der der Realität immer näher kommt. Beziehungsweise die Realität dem Roman.

Frankreich ist die negative Benchmark, das Menetekel an der Wand. Das französische Laisser-faire in der Zuwanderungs- und Integrationspolitik hat zu Banlieues, Terrorattacken und wiederkehrenden Unruhen geführt. Was in Frankreich geschieht, könnte Jahre später auch bei uns geschehen.

Noch ist Österreich aber ein Stück weit von französischen Zuständen entfernt. Aber auch bei uns ist mittlerweile spürbar, dass es Probleme gibt, die viele – vor allem in der Linken und auch in christlichen Milieus – lange Zeit nicht wahrhaben bzw. negieren wollten. Der Nahost-Konflikt hat das auf österreichischen Straßen und in Schulen deutlich sichtbar gemacht. Es gibt hier kein Zurück zur Blauäugigkeit mehr. Es gibt allerdings auch keinen Weg zum Generalverdacht.

Bestehende Probleme müssen benannt, problematische Szenarien für die Zukunft besprochen werden. Auch das ist eine Dystopie: Was, wenn sich eines Tages eine charismatische Führungsfigur findet, die in der Lage ist, einen Teil der muslimischen Bevölkerung hinter sich zu versammeln und dann politische Teilhabe mit einem islamistischen Programm einfordert? Auch das sollte nicht Wirklichkeit werden.

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