Kunstmarkt

Rebellen der Kunst im Dorotheum

Respektlos und selbstironisch sind die Werke von William Nelson Copley. Zur Auktion kommt „Bathing Beauties“.
Respektlos und selbstironisch sind die Werke von William Nelson Copley. Zur Auktion kommt „Bathing Beauties“.Dorotheum
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Bei der Contemporary Week im Dorotheum kommen Künstler zur Auktion, die durch ihre gesellschaftliche wie politische Sprengkraft Bekanntheit erlangten.

Bei William Nelson Copley dreht sich so ziemlich alles um Frauen. Das ist an seinen Bildern klar zu erkennen. Er war auch sechs Mal verheiratet. Die Frauen in seinen Bildern sind üppig, mit runden Hüften und Brüsten und meist ohne Gesicht. Sex ist allgegenwärtig gepaart mit beißendem, ironischem Witz. Dorotheum-Expertin Petra Schäpers fasst es mit drei Schlagworten zusammen: „farbenfroh, respektlos und voller Selbstironie.“ Das Vokabular seiner Bildsprache sei einfach und von einer erfrischenden Direktheit durchzogen. Seine Werke richten sich gegen den kollektiven Ethos, gegen den bürgerlichen Anstand und die konventionelle Hochkunst.

Preise steigen

Am 29. November kommt seine Arbeit „Bathing beauties“ aus dem Jahr 1969 im Rahmen der Contemporary Week im Dorotheum mit einem Schätzwert von 100.000 bis 150.000 Euro zum Aufruf. „Auch das Werk Bathing Beauties ist durchzogen von seinem skurrilen Stil, der sich an den gesichtslos und anonymen Protagonisten seiner Gemälde manifestiert: Korpulente leicht bekleidete Damen und kleiner Mann im Anzug, der gerüstet ist mit den Attributen der Ehrwürdigkeit und des sublimen Sex - dem Regenschirm und der Melone“, so Schäpers. Die Nachfrage nach seinen Arbeiten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Entsprechend haben sich auch die Preise entwickelt. Lag der höchste bei einer Auktion erzielte Preis 2020 bei 170.000 Euro, stieg er 2021 auf 240.000 Euro. Im Vorjahr verbuchte Christie‘s für „Gingham Girls“ dann einen neuen Rekord von 441.900 Euro.

Traditionell stark vertreten ist im Dorotheum italienische Avantgarde. Zu den Toplosen zählt diesmal „Per la Spagna“ von Emilio Vedova. Picassos Guernica-Wandgemälde anlässlich der Bombardierung des gleichnamigen Dorfes im Spanischen Bürgerkrieg war der Referenzpunkt des - seit seiner Zeit in der italienischen Widerstandsbewegung - politisch engagierten Künstlers. Stilistisch sah sich Vedova von den Fresken seiner Heimatstadt Venedig beeinflusst, vorwiegend von Tintoretto.  Der Schätzpreis für dieses in Schwarz und Rot gehaltene Bild beträgt 240.000 bis 360.000 Euro. Übrigens hat das Dorotheum 2017 auch den bis heute gültigen Rekordpreis von 650.000 Euro für „Tensione, N 4 V“ zugeschlagen.

Neben Vedova ist Enrico Castellani bei der Auktion mit „Superficie Bianca“ vertreten. Wie man in Enrico Castellanis Schriftensammlung nachlesen kann, betrachtet er die Monochromie als „die letzte Chance der Malerei, sich von anderen Künsten zu unterscheiden“. Ein Beispiel dafür sei das große Relief mit dem Titel Superficie bianca (Weiße Oberfläche), das der Künstler im Jahr 1983 schuf, heißt es dazu im Katalogtext. Das quadratische Großformat ist auf 250.000 bis 500.000 Euro geschätzt. Der Rekord liegt bei umgerechnet 4,1 Millionen Euro für „Superficie Bianca“ aus dem Jahr 1967, erzielt 2014 bei Sotheby‘s London.

„Roter Zorn“ von Lassnig

Bei der österreichischen Kunst sticht vor allem Maria Lassnig heraus. In ihren Körperzustandsbildern hebt die Künstlerin innere Befindlichkeiten ins menschlich Allgemeine. „Der rote Zorn“, der mit einer Schätzung von 180.000 bis 250.000 Euro zum Aufruf gelangt, ist ein hervorragendes Beispiel für ihre „Körpergefühlsfarben“. Neben „Der rote Zorn“ kommt auch eine seltene frühe, im Jahr 1948 entstandene Zeichnung, ein Porträt ihrer Eltern, mit einer Taxe von 18.000 bis 28.000 Euro zur Auktion. Lassnig zählt neben Valie Export und Brigitte Kowanz zu den wichtigsten österreichischen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und ihre Arbeiten sind auch bei den internationalen Marktführern Sotheby’s, Christie’s und Phillips vertreten. Den aktuellen Rekord hält aber das Dorotheum, das 2021 für „Wilde Tiere sind gefährdet“ 1,4 Millionen Euro inklusive Taxe erzielte. Die obere Schätzung lag bei 800.000 Euro. Dieser Zuschlag war ein enormer Preissprung, quasi eine Verdoppelung. Denn der bis dahin gültige Rekord lag bei 640.000 Euro, erzielt 2019 von Phillips für „Competition III“.

Anfang 2024 bekommt Wien ein eigenes Museum zum Wiener Aktionismus. (Die Presse berichtete). Wiener Aktionismus ist durch Günter Brus auch in der Auktion vertreten. Eine unbetitelte, 1962 entstandene gestische Arbeit wird für 40.000 bis 70.000 Euro angeboten. Radikal in seiner Kunst ist auch der für seine Übermalungen bekannte Künstler Arnulf Rainer. Im Dorotheum kommt ein Werk aus 1964 unter den Hammer, das die fast völlige Auslöschung des ursprünglichen Motives durch schwarze Farbe zeigt. Die Taxe beträgt 160.000 bis 240.000 Euro.  Der Höchstpreis von Rainer liegt bei 600.000 Euro für „Schwarze Übermalung auf Braun“, zugeschlagen 2020 bei Ketterer Kunst in München.

Vom Rebell zum Malerstar

Ein Rebell war einst auch der heutige Malerstar Daniel Richter, dem Regisseur Pepe Danquart eine zweistündige Dokumentation widmete, die heuer im Mai Premiere feierte. Richter ist heute Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste und in der kommenden Auktion mit einem expressiven abstrakten Werk aus den 1990er Jahren „TTS (Totus Tuus Sum)“ vertreten, das auf 100.000 bis 150.000 Euro geschätzt wird. Richter zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart, seine Werke befinden sich weltweit in Museen von der Albertina in Wien bis zum MoMA in New York. Preislich haben seine Arbeiten nun die Millionengrenze überschritten. Der Rekord liegt bei 1,3 Millionen Euro inklusive Taxen, erzielt 2020 für „Tarifa“ bei Christie‘s in London.

Auktion Moderne

Einen Tag vorher findet im Dorotheum die Auktion Moderne statt, die unter anderem mit zwei Werken des spanisch-französischen Künstlers und Schriftstellers Francis Picabia aufwarten kann, die aus seiner figurativen Schaffenszeit Ende der 1930er Jahre stammen. „Ohne Titel - deux oiseaux“ um 1937 ist auf 240.000 bis 320.000 Euro geschätzt, das zweite Werk um 1938/39 auf 180.000 bis 240.000 Euro.

Dass ein Gemälde des Tirolers Alfons Walde in einer irischen Privatsammlung zu finden ist, würde wohl niemand vermuten. Das mit 130.000 bis 250.000 Euro taxierte Ölgemälde „Tiroler Bergdorf“ von 1947 stammt aus der Privatsammlung von Otto Glaser, einem Österreicher, der 1938 mithilfe der Kindertransporte nach Irland ziehen und überleben konnte. Irland wurde die private Heimat für den Atomphysiker und Pionier der Telekommunikation.

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