Jubilar

Karl Schranz: „Mit 85 Jahren läuft nicht immer alles rund“

Karl Schranz schrieb 1972 mit seinem Olympia-Ausschluss Sportgeschichte.
Karl Schranz schrieb 1972 mit seinem Olympia-Ausschluss Sportgeschichte.imago sportfotodienst
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Der Arlberger feiert mit seiner Familie in Wien und macht sich Gedanken. Mit dem Klimawandel „muss man leben“, beteuert Karl Schranz. Der frühere Putin-Freund sagt über den Ukraine-Krieg: „In dieser Situation glaube ich nicht, dass es eine Vernunft gibt.“ Kontakt mit Russlands Präsident hat er keinen mehr.

Nicht nur der triumphale Empfang nach dem Olympia-Ausschluss 1972 verbindet Karl Schranz mit Wien. Die Skilegende aus Tirol ist nach wie vor gerne in der Bundeshauptstadt. Auch seinen 85. Geburtstag verbringt der Ex-Star am (heutigen) Samstag auf Einladung „seiner Frauen“, wie er sagt, in Wien. Seine Gesundheit lässt die regelmäßigen Ausflüge in die Großstadt zu, um Freunde zu treffen und zum Heurigen zu gehen.

„Mit 85 Jahren läuft nicht immer alles rund, aber es geht mir im Verhältnis gut“, sagte Schranz im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Der dreifache Weltmeister und zweifache Gesamtweltcup-Sieger (1969 und 1970) lebt mit seiner Frau Evelyn in St. Anton am Arlberg, hat drei Töchter und seit eineinhalb Jahren auch eine Enkeltochter. Gesundheit für sich und seine Familie nennt er denn auch als größten Geburtstagswunsch zum Halbrunden, für den es in zwei Wochen in seiner Heimat einen Empfang von Gemeinde, Tourismusverband und Skiclub gibt.

Skifahren war früher ein ganz anderer Sport. Schranz beherrschte ihn perfekt.
Skifahren war früher ein ganz anderer Sport. Schranz beherrschte ihn perfekt.Imago

Im Ski-Weltcup will Schranz im Jänner (19.-21.) wieder den Klassiker in Kitzbühel besuchen. Zwei Abfahrten werden diesen Winter am Hahnenkamm ausgetragen. „1972 haben wir auch zwei Abfahrten gehabt, die habe ich leider beide gewonnen“, sagte Schranz nicht ohne Stolz. Rund 150 wichtige Siege hat der Ausnahmefahrer gefeiert, die meisten davon noch vor Einführung des Weltcups 1967. „Jede einzelne Trophäe, die man gewinnt, ist etwas Neues und damit schön.“

Rückkehr auf den Balkon

Seine letztlich vergebliche Jagd nach Olympia-Gold ist ein Stück österreichischer Sportgeschichte. Diesen Sommer empfing ihn Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erstmals wieder auf jenem Balkon im Kanzleramt, unter dem ihm 1972 nach dem Olympia-Ausschluss fast 100.000 Menschen zugejubelt hatten. „Da kommen die alten Erinnerungen logischerweise wieder“, meinte Schranz. Ein bei einem Benefiz-Fußballspiel getragenes Leiberl, auf dem eine Kaffeemarke abgebildet war, war dem Abfahrtsfavoriten zum Verhängnis geworden. Aus Sicht des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage aus den USA widersprach das dem Amateurgedanken.

Schranz, dem schon vier Jahre zuvor in Grenoble unter dubiosen Umständen sicher geglaubtes Olympia-Gold im Slalom abhanden gekommen war, wurde von den Spielen in Sapporo ausgeschlossen und neuerlich zur tragischen Figur. Es folgte das Karriereende. „Ich habe immer gesagt, ich fahre, bis mich die Jungen packen“, erklärte Schranz mehr als 50 Jahre später. „Aber dazu ist es nicht gekommen. Der Brundage hat mich gepackt.“

Heute verfolgt der Arlberger nur noch die wichtigsten Weltcup-Rennen im TV - etwa auch den Gletscher-Auftakt in Sölden, der dieses Jahr von einer Debatte um Klimawandel und Nachhaltigkeit begleitet worden ist. „Wir wissen seit Jahren, dass das Klima immer wärmer wird. Damit muss man leben“, betonte Schranz. „Es ist besser, es wird wärmer als es wird kälter - sonst wären auf einmal die Gletscher in St. Anton herunten.“

Im Kampf gegen die Erderwärmung könne der Skisport höchstens einen kleinen Beitrag leisten, meinte der pensionierte Hotelier und Skischulleiter. „Wir können das Klima nicht aufhalten. Wir können dazu beitragen, aber entscheiden können wir nichts.“ Eine Möglichkeit sei die Verschiebung des Weltcup-Saisonstarts nach hinten in Richtung Ende November. Schranz: „Großes kann der Skisport aber nicht leisten.“

„Dass es irgendwann zu Ende geht“

Zuletzt war Schranz bei den Begräbnissen seiner Ex-Kollegen Anderl Molterer (mit 92 Jahren verstorben) in Kitzbühel und Heini Messner (84) in Steinach am Brenner. „Das war nicht unbedingt angenehm“, gestand Österreichs dreimaliger Sportler des Jahres. „Dass es irgendwann zu Ende geht, weiß man auch. Hoffentlich ziehen wir es noch eine Zeit lang hinaus.“

Zum 80. Geburtstag hatte er noch ein persönliches Glückwunschtelegramm von Wladimir Putin erhalten. Die Invasion Russlands in der Ukraine hat Schranz „auf das Schärfste“ verurteilt. Persönlicher Kontakt mit dem Kreml-Chef bestehe seither nicht. Mit Leonid Tjagatschow, unter Putin einst Sportminister und als früherer Chef des Russischen Olympischen Komitees ein enger Vertrauter des Präsidenten, befinde er sich allerdings weiterhin im Austausch. „Das ist ein Freund von mir. Er ruft mich an, ich rufe ihn an“, erklärte Schranz.

Tjagatschow war einst selbst Skiläufer. Russische Athleten wie Slalomfahrer Alexander Choroschilow dürfen derzeit nicht an Bewerben des Ski-Weltverbandes FIS teilnehmen. Schranz würde es befürworten, sie wie im Tennis ohne Angabe ihrer Nationalität und entsprechenden Symbolen starten zu lassen. Über Politik wollte er sich sonst nicht näher äußern. „In dieser Situation glaube ich nicht, dass es eine Vernunft gibt“, sagte Schranz über den Ukraine-Krieg. „Momentan passieren viele unvernünftige Sachen.“

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