Interview

AMS-Vorständin Draxl: „Selbstverständlich bietet das System die falschen Anreize“

Petra Draxl in ihrem Büro in der AMS-Bundesgeschäftsstelle in der Treustraße in Wien Brigittenau.
Petra Draxl in ihrem Büro in der AMS-Bundesgeschäftsstelle in der Treustraße in Wien Brigittenau. Clemens Fabry
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Petra Draxl ist seit Juli 2023 im Vorstand des AMS Österreich. Im Interview spricht sie über die geringe Erwerbsbeteiligung geflüchteter Frauen und Väter, die ihre Töchter nicht in Kursen mit Burschen haben wollen.

„Die Presse“: Im Arbeitsmarktbudget sind 75 Millionen Euro mehr für die Integration von Asyl- und Schutzberechtigten vorgesehen. Wird das reichen? 2022 wurden in Österreich 112.272 Asylanträge gestellt, das war der höchste Wert seit 1956.

Petra Draxl: Das AMS bekommt die 75 Millionen bereits für 2024, und wir haben die Zusage, dass wir sie auch 2025 bekommen. Wir schaffen damit ein Vollzeitangebot im Umfang von 35 Wochenstunden für Menschen bis 25 Jahre, in dem berufliche Orientierung mit Bildungsangeboten kombiniert wird. Das ist ganz wichtig. Derzeit schickt man junge Menschen drei Monate in einen Deutschkurs, dann müssen sie wochenlang auf ihr Zeugnis warten, bis sie eine Arbeit suchen können. Es gibt eine Grenze, wie viel Deutsch man an einem Tag lernen kann. Aber ich kann am selben Tag Mathematik und EDV lernen. Es wird auch um die Vermittlung von Werten gehen.

Um welche Werte konkret?

Konkret geht es um den hohen Wert, dass man sich selbst erhalten können sollte in dem Land, in dem man lebt. Es geht auch um die Arbeitshaltung, die man an den Tag legt.

»Der erste Wert muss sein, dass man sein Einkommen selbst generiert.«

Petra Draxl

Vorständin AMS

Im Moment können sich viele nicht selbst erhalten. Knapp 60 Prozent der Asyl- und Schutzberechtigten von 2015 sind beschäftigt, oft in prekären, schlecht bezahlten Jobs.

Das ist dem Umstand geschuldet, dass wir für die jungen Leute kein System haben, das ähnlich ist wie die Schule, in dem man all das rasch vermitteln kann. Dazu kommt, dass wir eine Gruppe bei den Asyl- und Schutzberechtigten haben, die auch in der Muttersprache nicht alphabetisiert wurde.

Laut Österreichischem Integrationsfonds (ÖIF) waren 49 Prozent der Personen mit Zuerkennung 2022, die erstmals einen Deutschkurs besuchten und einen Alphabetisierungsbedarf hatten, primäre Analphabeten.

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