Interview

Slowakei: „Immer mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, funktioniert nicht“

Gedenkminute für die Toten des Krieges in der Ukraine. Die Slowakei will künftig keine Waffen mehr an die Ukraine liefern.
Gedenkminute für die Toten des Krieges in der Ukraine. Die Slowakei will künftig keine Waffen mehr an die Ukraine liefern.Reuters/Thomas Peter
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Seine erste Auslandsreise führt den neuen slowakischen Außenminister, Juraj Blanár, nach Wien. Im Interview mit der „Presse“ erklärt er, warum sein Land die Militärhilfe für die Ukraine stoppt, und fordert einen sofortigen Waffenstillstand.

Die Presse: Welche Änderung bedeutet der Regierungswechsel für die Außenpolitik der Slowakei?

Juraj Blanár: Wir wollen eine souveräne Außenpolitik, bei der die Bürger der Slowakei an erster Stelle stehen. Alle Auswirkungen, die für sie schlecht sein können, lehnen wir ab. Das gilt zum Beispiel für jene Sanktionen, die gravierende Auswirkungen auf Wirtschaft und Lebensstandard der slowakischen Bevölkerung haben. Russland erwartet trotz der Sanktionen ein Wirtschaftswachstum, während die EU in eine Rezession schlittert. Was sich nicht ändert, ist unsere grundsätzliche außenpolitische Orientierung: Die Europäische Union ist unser einzigartiger Raum, den wir weiterentwickeln und in dem wir unsere Interessen verwirklichen können und wollen. Und wir sind ein Nato-Mitglied, das alle seine Bündnisverpflichtungen erfüllt. Aber Mitglied zu sein, heißt nicht, allem zuzustimmen. Wenn sich etwas nicht gut entwickelt, wollen wir das auch kritisieren und andere Lösungsvorschläge auf den Tisch legen. Wir wollen keine Abkehr von unserer außenpolitischen Orientierung, sondern uns im Gegenteil stärker und hörbarer einbringen – und auch konstruktiver.

Regierungschef Robert Fico hat im Wahlkampf für die Parlamentswahl am 30. September angekündigt, dass es im Fall seines Sieges keine militärische Unterstützung der Ukraine mehr gibt. Warum?

Nach mehr als 600 Tagen Krieg sieht es nach einem eingefrorenen Konflikt aus, für den es keine militärische Lösung gibt. Eine Verlängerung bedeutet nur, dass noch viel mehr Menschen ums Leben kommen. Wir unterstützen daher alles, was eine friedliche Lösung ermöglicht. Das muss vor allem über die Europäische Union gehen, denn sie ist ja als Friedensprojekt gegründet worden, und genau zu diesem Ursprungsgedanken wollen wir zurückkehren.

Im Endeffekt heißt das, wenn die Ukraine keine Waffen mehr bekommt, ist der Krieg schneller zu Ende?

Es gibt die Meinung, man solle immer weiter Waffen liefern, um Russland aus dem ukrainischen Gebiet hinauszudrängen. Aber wir sehen doch nach 600 Tagen, dass das mitsamt den Sanktionen, die der EU mehr als Russland schaden, nicht funktioniert und es überhaupt keinen Fortschritt gibt, während unzählige Menschen sterben.

Was ist die Alternative?

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