Ausstellung

Ur-Kommunismus vor 550 Jahrmillionen? „The Other“ im Kunsthaus Graz

Ehrenbürgerinnen der friedlichen Ediacara-Fauna? Clara Zetkin, Alexandra Kollontai, Eleanor Marx und Karl Marx in „94 Million Years of Collectivism“, in der Schau „The Other“ im Kunsthaus Graz.
Ehrenbürgerinnen der friedlichen Ediacara-Fauna? Clara Zetkin, Alexandra Kollontai, Eleanor Marx und Karl Marx in „94 Million Years of Collectivism“, in der Schau „The Other“ im Kunsthaus Graz.N. Lackner/Kunsthaus
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Jonas Staals „94 Million Years of Collectivism“ deutet im Kunsthaus Graz die Naturgeschichte neu. Naive Politkunst oder Parodie auf diese? Spannend allemal. Zu sehen in der Ausstellung „The Other“, die den Blick in die Zukunft erneuern will.

Der Kapitalismus treibt die Gegenwart in eine zukunftslose Zukunft: überall nur Ausbeutung, Wettrüsten, das Recht des Stärkeren. Und die Biologen in ihrer Verblendung liefern die Rechtfertigung dafür: Seit der kambrischen Revolution, in der die heutigen Stämme der Vielzeller sich entwickelt haben, herrsche das Gesetz von Fressen und Gefressenwerden. So „naturalisieren“ sie die immanente Gewalt des Kapitalismus. Aber sie irren: Es war nicht immer so. Bis vor 540 Millionen Jahren war das Leben paradiesisch, die friedliche Ediacara-Fauna besiedelte die Erde, in 94 Jahrmillionen des Kollektivismus.

„94 Million Years of Collectivism“, so heißt die Installation des niederländischen Künstlers Jonas Staal, in der Obiges gepredigt wird. Zugrunde liegt eine Theorie, die tatsächlich viele Paläontologen vertreten: Die ersten Vielzeller, die im Ediacarium gelebt haben, seien rein autotroph gewesen, hätten keine anderen Lebewesen gefressen, wie es die heutigen Tiere tun. Doch Staal übersteigert diese Theorie zu einer grotesken Rechtfertigungsideologie des Kommunismus, illustriert durch Figuren von Karl Marx und seiner Tochter Eleanor, der kommunistischen Feministinnen Alexandra Kollontai und Clara Zetkin sowie des Diktators Ho Chi Minh, die mit Zeichnungen von Ediacara-Wesen verschmelzen. Ob diese die gleichen Träume gehabt hätten, fragt die salbungsvolle Stimme im Video – und verleiht der Hoffnung Ausdruck, dass der „kapitalistische Geo-Revisionismus“ bald sein Ende finden werde…

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