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Immobilienrisiko für Banken bleibt

Vize-Gouverneur Gottfried Haber adressiert die systemischen Risken durch den Immobilienmarkt.
Vize-Gouverneur Gottfried Haber adressiert die systemischen Risken durch den Immobilienmarkt.Clemens Fabry
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Die Oesterreichische Nationalbank ermahnt die Banken zu nachhaltigeren Vergabestandards bei Wohn- und Gewerbeimmobilienkrediten. Die Experten sehen hier ein erhöhtes Systemrisiko. Der Anteil an faulen Krediten wächst.

Wien. Österreichs Banken haben ihre Profitabilität weiter ausgebaut, da höhere Zinssätze die Zinsmarge anstiegen ließen und die schwächere wirtschaftliche Entwicklung sich noch nicht in der Kreditqualität widerspiegelt. Außerdem verbesserten die Banken ihre Kosteneffizienz und erwirtschafteten einen Gewinn von 2,7 Milliarden Euro in Zentral-, Ost- und Südost-Europa. Das geht aus dem Finanzstabilitätsbericht der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hervor.

Der Gesamtgewinn fiel mit 7,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2023 mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr aus. Einbehaltene Gewinne trugen dazu bei, dass der österreichische Bankensektor eine harte Kernkapitalquote von 16,6 Prozent ausweist und sich auch im OeNB-Stresstest als resilient erweist. Dennoch haben die österreichischen Großbanken im Vergleich zu ihren heimischen aber auch ihren europäischen Wettbewerbern weiterhin Aufholbedarf: Die aktuell stattfindende schrittweise Erhöhung makroprudenzieller Kapitalpufferanforderungen stellt somit einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.

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Kreditnachfrage ist rückläufig

Die signifikant gestiegenen Kreditzinssätze führten jedoch nicht nur zu einer hohen Profitabilität der Banken, sondern auch zu einer rückläufigen Nachfrage nach Krediten. Im September 2023 betrug das Jahreswachstum bei Unternehmenskrediten 4,4 Prozent und lag um mehr als die Hälfte niedriger als noch Ende 2022. Gleichzeitig ging das Kreditvolumen an Haushalte um 1,4 Prozent zurück, getrieben von einer negativen Entwicklung im Wohnbaubereich.

Langfristig betrachtet stelle dies laut den Experten der Nationalbank „eine gewisse Normalisierung“ nach Jahren sehr starker Kreditvergabe dar und spiegelt einen momentan europaweit feststellbaren Trend wider.

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„Es werden Risken im Immobilienbereich erfolgreich adressiert“, sagte Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Die Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite haben sich deutlich verbessert, variabel verzinste Kredite sind verstärkt im Fokus der Aufsicht. Der Anteil der nachhaltigen Kreditvergabe sei gestiegen. Dies erscheine umso wesentlicher, als eine rezente Evaluierung der Maßnahmen zum Schluss kam, dass die Systemrisiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung in einem Umfeld gestiegener Zinsen, höherer Lebenshaltungskosten und wirtschaftlicher Unsicherheit weiterhin erhöht sind.

Gleichzeitig stellt die Verordnung durch ein im internationalen Vergleich hohes Ausnahmekontingent von 20 Prozent der vergebenen Kredite ausreichende Flexibilität bei der Neukreditvergabe sicher. Im ersten Halbjahr 2023 blieb dieses Kontingent bei vielen Banken zu einem großen Teil ungenutzt, da die Hälfte der Banken weniger als die Hälfte der möglichen Ausnahmen in Anspruch nahm. Insgesamt beläuft sich das nicht genutzte Ausnahmekontingent im ersten Halbjahr auf 650 Millionen Euro.

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Aus systemischer Sicht bleiben auch die variabel verzinsten Kredite im Fokus der Aufsicht. Diese werden zurzeit erneut stark von Haushalten nachgefragt, bergen für die Kreditnehmenden allerdings Zinsrisiken, die im letzten Jahr auch zunehmend schlagend wurden und in einer bereits herausfordernden Zeit zu zusätzlichen Belastungen führten. Der Anteil der faulen Kredite bei Gewerbeimmobilien wuchs im ersten Halbjahr von knapp zwei Prozent auf 3,1 Prozent an. Hier sei auch keine Besserung zu erwarten, so die Ökonomen der Nationalbank. Bis dato liegt insgesamt knapp eine Milliarde an faulen Krediten in den Bankbüchern.

„Eingetrübte Wirtschaftslage“

„Die Ertragssituation des Bankensektors in der ersten Jahreshälfte 2023 muss vor dem Hintergrund einer eingetrübten Wirtschaftslage eingeordnet werden. Kreditausfälle treten im Regelfall erst zu einem späteren Zeitpunkt auf, während die positiven Effekte der Zinswende unmittelbar die Erträge steigern“, sagte Vize-Gouverneur Gottfried Haber. „Die sehr gute Ertragslage ist daher die Grundlage für den Aufbau von Kapital, das die Stabilität des Bankensektors weiter stärkt und Raum für künftige Kreditvergaben auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schafft“, so Haber weiter. Die weiterhin hohe Inflation, die daraus resultierende straffe Geldpolitik und geopolitische Spannungen in der Ukraine und im Nahen Osten stellen vielfältige Herausforderungen dar. In diesem Umfeld ist zu erwarten, dass die Zinsmarge des Bankensektors wieder sinkt und Kreditrisiken ansteigen.

Um für zukünftige Risiken in einem unsicheren Umfeld gewappnet zu sein, empfiehlt die OeNB den Banken eine nachhaltige Stärkung der Kapitalbasis, unter anderem durch Zurückhaltung bei der Gewinnausschüttung sowie die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Wohn- und Gewerbeimmobilienkrediten. Zudem sollten die Banken mit konservativen Sicherheitenbewertungen bei Gewerbeimmobilienkrediten Risken vorbeugen.

Kaufkraftverlust führt zu Rückgang der Wirtschaftsleistung

Durch den anhaltenden Kaufkraftverlust und die damit verbundenen schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen steuert Österreich 2023 auf eine milde Rezession zu. Gestiegene Kreditzinssätze führten zu einem Anstieg der Finanzierungskosten für Haushalte und Unternehmen, gleichzeitig aber auch zu einem Anstieg der Zinsmargen der Banken. Während die Bankgewinne mit den bereits eingangs erwähnten 7,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr nochmals deutlich an Dynamik gewonnen haben, sind die Risiken für den Bankensektor und die Finanzstabilität gestiegen. Einerseits bremst der rasche Zinsanstieg das Kreditwachstum und lässt andererseits eine zeitverzögerte Belastung der Kreditqualität erwarten.

Mit dem Ende der Pandemie verschob sich die Nachfrage von dauerhaften Konsumgütern zu Dienstleistungen und die Auflösung der globalen Lieferengpässe führte global zu einem Abbau der aus Vorsicht stark gefüllten Lager. Diese Rahmenbedingungen belasten vor allem die Produktionsentwicklung der Industrie, im Bausektor und im Einzelhandel. Trotz weiterhin hoher Lagerbestände bleiben Unterbrechungen der Energieversorgung, beispielsweise durch eine weitere Intensivierung des Kriegs in der Ukraine oder einer Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten, das größte Abwärtsrisiko für die Konjunktur.

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