Morgenglosse

Liebe Klimakleber, pickt euch doch an den Black-Friday-Bannern fest!

Hohe Prozentrabatte locken rund um den Black Friday zum Shoppingtrip.
Hohe Prozentrabatte locken rund um den Black Friday zum Shoppingtrip.IMAGO/Wolfgang Maria Weber
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Die Black Friday-Rabattschlacht lockt mit unmoralischen Angeboten. Das zieht in Zeiten hoher Inflation. Vor allem verramschte Billigmode wird aber immer mehr zum Problem.

Und alljährlich lockt die novemberliche Rabattschlacht. Das Konsumfestival rund um den Black Friday hat längst einen Fixplatz in unserer Gesellschaft und unser aller Shoppingherzen. Vor allem die Jüngeren können mit dem Aktionsfeiertag inzwischen wohl mehr anfangen als mit so manchem gesetzlichen Feiertag.

Sei´s drum, Handel heißt Wandel. Apropos mittelprächtige Reime: Wer spart, ist smart! So in etwa lautet die Botschaft der vielen Händler, die am Black Friday (und am Cyber Monday und an all den anderen Online-Shopping-Events) zum Kaufrausch laden. Minus 30, minus 50, minus 70 Prozent – wer kann diesen Verlockungen schon widerstehen? Vor allem angesichts der aktuellen Teuerung scheint sich die Black Friday-Schnäppchenjagd zu rentieren. Dabei sollte aber Vorsicht geboten sein: Nicht alles, wo ein Rabattmarkerl draufklebt, ist wirklich ein Schnäppchen. Um den Eindruck von billigeren Produkten zu erzeugen, erhöhen viele Händler erst die Preise, um sie dann für die Rabattschlachten herabzusetzen. 

Und auch sonst sollte man sich genau überlegen, ob man die Einkäufe, zu denen die schreienden Angebote nötigen, wirklich braucht. Black Friday & Co. sind in Österreich vor allem ein Online-Phänomen. Und da fließt ein immer größerer Ausgabenteil zu internationalen Online-Shops ab. Lange galt Amazon für die heimischen Händler als der uneingeschränkte Bösewicht, der nicht nur keine Steuern zahlt, sondern mit seiner Paketflut für Unmengen an Verpackungsmüll sorgt. Der US-Platzhirsch bekommt nun ernstzunehmende Konkurrenz von chinesischen Billighändlern. Die beiden Onlinediskonter Temu und Shein fluten mit ihrer aggressiven Preis- und Werbepolitik aktuell den Markt. Vor allem bei Jungen scheint das zu verfangen: Fast jeder Zweite der unter 27-Jährigen hat schon einmal bei einem der beiden chinesischen Onlinediskonter bestellt.

Was nichts kostet ist nichts wert – und wird schnell weggeworfen

Diese Angebote stehen aber für das Gegenteil von Nachhaltigkeit, ihr Geschäftsmodell hat fatale Auswirkungen auf unsere Umwelt, warnen Fachleute. Doch bei lachhaft günstigen Angeboten sind bei vielen die sonst so hoch getragenen moralischen Ansprüche rasch vergessen. Kleidungsstücke von Ultra-Fast Fashion-Anbietern landen oft schon nach wenigen malen Tragen im Müll, beklagen Umweltschutzorganisationen.

Was nichts kostet ist nichts wert. Das führt zu Unmengen an Müll. Während viele den online bestellten Ramsch wieder gratis zurückschicken, türmen sich in südlichen Ländern die Müllberge. Einige der größten Anbieter zerstören und entsorgen systematisch einwandfreie zurückgesendete Neuware. Jedes Jahr werden alleine in Österreich rund 1,5 Millionen zurückgeschickte Pakete vernichtet.

Noch mehr Zahlen? Jede Sekunde wird irgendwo auf der Erde eine Lastwagenladung Textilien auf Deponien abgelagert oder verbrannt. Weniger als ein Prozent davon wird zu neuen Textilien recycelt. Bereits jetzt gäbe es Untersuchungen zufolge ausreichend Kleidung für die nächsten sechs Generationen. Allein die Textilindustrie ist für etwa zehn Prozent der weltweiten CO2-Verschmutzung verantwortlich – mehr als der Flug- und Schiffsverkehr zusammen. 

Klimakleber, do your job!

Dass das Geschäft mit Fast Fashion-Mode derart ausgeartet ist, ist Resultat eines jahrelangen regulatorischen Versagens. Solange der Markt nicht irgendwie reguliert wird – etwa durch ein Verbot von Gratis-Retouren – werden die negativen Auswirkungen auf das Klima weiter zunehmen. Gerade jene, die sich für die Rettung des Klimas engagieren, sollten die öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken. Warum sich nicht am nächsten Black-Friday-Banner festkleben, statt auf dem kalten November-Asphalt?

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Vollstes Verständnis für all jene, die die Rabatttage bewusst nutzen, um Geld zu sparen. Der moralische Zeigefinger hat hier nichts verloren. Gleichzeitig sollte uns die Rabattschlacht aber Gelegenheit geben, die Folgen des unnachhaltigen Billigkonsums aufzuzeigen. Klimakleber, do your job! Aber dort, wo die Message auch wirklich ankommt.

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