Margaret Laurence stellt uns in ihrem wiederentdeckten Roman „Das Glutnest“ die berückende Stacey Cameron vor, die so viel mehr ist, als sie sich zutraut.
Vielleicht ist es Zeit, mit dem Postulat von Leo Tolstoi aufzuräumen, dass alle glücklichen Familien einander ähnlich sind, jede unglückliche Familie aber auf ihre Weise unglücklich ist. Denn auch wenn man in Margaret Laurences Roman „Das Glutnest“ dank Hüftschlüpfer und Nylonnachthemden weiß, dass man in der Zeit zurück gereist und in den 1960er-Jahren gelandet ist, haftet der Familie MacAindra in ihrem Vorstadthaus doch ein Unwohlsein von zeitloser Qualität an. Die Situation des sprachlosen Vaters und der Mutter von vier Kindern, die chronisch überfordert und unterstimuliert durch den Tag taumelt, auf der Suche nach Liebe, Worten und Anerkennung, schlägt mühelos die Brücke zur Gegenwart.
Stacey heißt sie, diese manchmal irritierende, letzten Endes aber berückende Hauptfigur, die sich selbst nur in einer Nebenrolle des Lebens castet. Stacey interpretiert gern die Spiegelung ihrer selbst, die sie in den Augen der anderen Menschen zu sehen meint. Aus Wut, Trotz und Übermut neigt sie dazu, die schlimmsten Erwartungen ihrer Umwelt zu erfüllen.