Gastbeitrag

Pilnacek-Aufnahmen: Strafverfolgung mit Ermächtigung der Angehörigen?

Christian Pilnacek: Können nach seinem Tod die Angehörigen den Missbrauch von Tonaufnahmen verfolgen lassen?
Christian Pilnacek: Können nach seinem Tod die Angehörigen den Missbrauch von Tonaufnahmen verfolgen lassen? Clemens Fabry
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Gesetzesnovelle hat postmortalen Persönlichkeitsschutz gestärkt.

Eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs ist nicht strafbar, sofern man Teilnehmer des Gesprächs ist. Strafbar ist es, die entsprechende Aufnahme einem Dritten zugänglich zu machen oder zu veröffentlichen. Ob ein solches Verhalten im Einzelfall durch ein überwiegendes Informationsinteresse gerechtfertigt werden kann, ist in der wissenschaftlichen Literatur umstritten; eine zivilrechtliche Entscheidung des OGH aus Anlass des „Ibiza-Videos“ legt dies nahe, ist aber ebenfalls umstritten. Dieser Rechtsrahmen wurde zuletzt mehrfach beschrieben.

Allerdings ist der Straftatbestand des Missbrauchs von Tonaufnahmen als Ermächtigungsdelikt ausgestaltet. Die Staatsanwaltschaft darf daher nur mit Ermächtigung des Verletzten tätig werden. Unter Hinweis darauf wurde in dieser Zeitung die Ansicht vertreten, dass eine Strafverfolgung aus Anlass der geheimen Aufnahmen von Christian Pilnacek in einem Wiener Innenstadtlokal nicht mehr möglich sei. Denn der in seinen Rechten Verletzte ist verstorben. Nur dieser aber könne, so wurde behauptet, die Justiz zum Handeln ermächtigen.

Verletzungen des Andenkens

Doch genau das ist keineswegs gewiss. Denn das am 1. Jänner 2021 in Kraft getretene Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz hat den Persönlichkeitsschutz zum Teil neu geformt. Dabei ist hier § 17a Abs 3 ABGB von Interesse. Diese Bestimmung sagt, dass die Persönlichkeitsrechte einer Person in ihrem Andenken fortbestehen. Verletzungen des Andenkens können durch im Gesetz näher bestimmte Angehörige geltend gemacht werden. Das hat nichts mit Erbfolge, sondern mit postmortalem Persönlichkeitsschutz zu tun.

Unter Berufung auf diese zivilrechtliche Bestimmung wird von einigen Autoren die Auffassung vertreten, dass Privatanklagen oder medienrechtliche Anträge nunmehr auch nach dem Tod des Betroffenen von den im Gesetz genannten Angehörigen eingebracht oder fortgesetzt werden können, so es um den Schutz des Andenkens, also des Erinnerungsbildes, geht. Das scheint, auch wenn Rechtsprechung dazu bis dato fehlt, durchaus überzeugend. Denn die Privatanklage- und medienrechtliche Antragsbefugnis leiten sich ganz grundsätzlich aus dem materiellen Recht ab.

Aber auch die strafrechtliche Ermächtigungsbefugnis folgt aus dem materiellen Recht. Das spricht dafür, dass auch für Ermächtigungsdelikte das Gesagte gilt: Eine Ermächtigung zur Strafverfolgung kann seit 1. Jänner 2021 von den im Gesetz näher umschrieben Angehörigen erteilt werden, so es um Verletzungen des Andenkens des Verstorbenen geht. Eine derartige Verletzung scheint im Fall der geheimen Aufnahmen von Christian Pilnacek zumindest nicht ausgeschlossen, wie die Diskussion um deren Deutung trefflich zeigt.

Zum Autor

Dr. Peter Zöchbauer ist Rechtsanwalt in Wien.

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