Lohnrunde

Was passiert, wenn jetzt im Handel erstmals gestreikt wird?

Mehr als 300 Geschäfte dürften in den nächsten Tagen für einige Stunden geschlossen bleiben. Ob sich die abgewiesenen Kundinnen und Kunden eher solidarisch zeigen mit den Streikenden, oder verärgert sind, wird sich zeigen.
Mehr als 300 Geschäfte dürften in den nächsten Tagen für einige Stunden geschlossen bleiben. Ob sich die abgewiesenen Kundinnen und Kunden eher solidarisch zeigen mit den Streikenden, oder verärgert sind, wird sich zeigen.APA / APA / Georg Hochmuth
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Auch in der vierten Verhandlungsrunde gab es keine Einigung. Von Donnerstag bis Samstag soll in mehr als 300 Betrieben stundenweise gestreikt werden. Welche Geschäfte betroffen sind und warum sich der Arbeitgeber-Chefverhandler davon nicht beeindrucken lässt.

Eigentlich hat es ganz gut ausgesehen am Dienstag. Bei der vierten Kollektivvertragsrunde im Handel seien sich die Sozialpartner durchaus nähergekommen, heißt es aus Verhandlerkreisen. Auf beiden Seiten hätte es „Bemühungen und gute Gespräche“ gegeben, ein Abschluss noch am Dienstag sei „nun doch nicht mehr so unwahrscheinlich“, schrieb am frühen Abend die Austria Presseagentur.

Doch daraus wurde nichts. Kurz nach 21 Uhr wandten sich die Arbeitgeber via Aussendung an die Öffentlichkeit: Verhandlungsabbruch, einmal mehr ohne Ergebnis. Die Verhandlungsrunde hätte „gezeigt, dass die Streikbereitschaft der Gewerkschaft offenbar höher ist als ihre Verhandlungsbereitschaft“, sagt ein „desillusionierter“ Handelsobmann Rainer Trefelik, Chef der Arbeitgeber-Verhandler, zur „Presse“.

Als Konsequenz der gescheiterten Verhandlungen soll nun ab Donnerstag gestreikt werden – zum ersten Mal überhaupt im Handel. Und tatsächlich scheint die Streiklust bei vielen Handelsangestellten groß, schon im Vorfeld hat die ÖGB-Zentrale die Streikfreigabe erteilt. Aber was kommt auf uns zu, wenn im Handel die Arbeit niedergelegt wird?

Streiks im Handel auch für Gewerkschaft Neuland

Für Konsumentinnen und Konsumenten sind die Auswirkungen jedenfalls deutlich unmittelbarer spürbar als Streiks bei den Metallern. Betriebsräte aus mehr als 300 Betrieben hätten sich gemeldet, die Arbeit gemeinsam mit ihren Teams stundenweise niederzulegen, sagt die Chefverhandlerin der Arbeitnehmer, Helga Fichtinger, zur „Presse“. Vor allem größere Betriebe und Ketten seien davon betroffen, in denen die Angestellten gewerkschaftlich besser organisiert sind. Nach den abermals abgebrochenen Verhandlungen hätten sich zuletzt auch noch viele kleinere Betriebe gemeldet, wo ebenso gestreikt werden soll.

Aber wie soll das Ganze konkret ablaufen? Für die verhandelnde Gewerkschaft GPA sind Streiks im Handel völliges Neuland, wenngleich sie auch bei den Metallern mitverhandelt – dort sind die Betriebe allerdings völlig anders strukturiert. Aktuell werden Listen erstellt, welche Betriebe wann und wie lange streiken, heißt es. Betroffen davon seien Betriebe in sämtlichen Sparten, so Fichtinger – vom Buchhandel über große Modeketten bis hin zu Supermärkten.

Warnstreiks als „Amazon-Förderprogramm“

Viele Geschäfte sollen dann ab Donnerstagfrüh „ein bis drei Stunden“ geschlossen bleiben – vornehmlich in der Früh. Erst danach soll mit der Warenschlichtung und anderen notwendigen Vorbereitungsarbeiten gestartet werden. Die abgewiesenen Konsumenten dürften vielerorts also nicht nur in der Früh vor verschlossenen Türen stehen, sondern müssen je nach Betrieb auch danach mit logistischen Problemen rechnen. Neben dem Einzelhandel soll auch der Großhandel bestreikt werden, betont Fichtinger gegenüber der „Presse“ – Versorgungsengpässe seien vereinzelt nicht auszuschließen.

Welche Standorte konkret bestreikt werden, will man vonseiten der Gewerkschaft noch nicht verraten. Ziel der Warnstreiks sei es, „die Arbeitgeber zu überraschen“. Einige größere Supermärkte könnten in den nächsten Tagen jedenfalls außerplanmäßig stundenweise geschlossen bleiben, dazu kommen am Wochenende laut „Presse“-Informationen auch ausgewählte Modegeschäfte, sowie der eine oder andere Flagship-Store auf frequentierten Einkaufsstraßen.

Für die Arbeitgeber kommt die erstmalige Streikwelle ausgerechnet zum ersten Advent-Wochenende jedenfalls zur Unzeit. Das Weihnachtsgeschäft ist für den Handel die wichtigste Zeit des Jahres. Großer Profiteur dürfte der Onlinehandel sein. Trefelik spricht gar von einem „Amazon-Förderprogramm“ seitens der Gewerkschaften – „damit ist niemand geholfen“.

300 von 80.000 Handelsbetrieben

Dennoch sieht der Handelsobmann die Warnstreiks eher gelassen: „Natürlich ist es ärgerlich, wenn jetzt in 300 Betrieben gestreikt wird. Aber wir haben 80.000 Handelsbetriebe in Österreich.“ Von den Streiks will er sich nicht unter Druck setzen lassen, das Gesprächsangebot der Gewerkschaften, kommende Woche weiter zu verhandeln, haben die Arbeitgeber bis dato nicht bestätigt.

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