Liquidität

Wien Energie: Die Lehren aus der Krise

Die Müllverbrennung schafft nur einen kleinen Teil der Fernwärme in Wien. Der Großteil wird über Gas erzeugt.
Die Müllverbrennung schafft nur einen kleinen Teil der Fernwärme in Wien. Der Großteil wird über Gas erzeugt.IMAGO/Volker Preusser
  • Drucken

Ein Jahr nach der großen Liquiditätskrise hat sich die Situation bei der Wien Energie beruhigt. Der Schutzschirm für neue Probleme ist weit aufgespannt. Die grundsätzliche Problematik sei aber nach wie vor vorhanden.

Vor etwas mehr als einem Jahr stand die Wien Energie plötzlich vor einer existenziellen Krise, die ganz Österreich schockierte. Aufgrund eines rasanten Anstiegs der Strompreise an der Börse musste sie über ein Wochenende 1,7 Mrd. Euro als zusätzliche Sicherheit hinterlegen, um weiterhin Energie handeln zu können. Geld, das weder das Unternehmen noch die darüber stehenden Stadtwerke aufbringen konnten, weshalb es einen Notkredit der Stadt Wien über 1,4 Mrd. Euro bedurfte. Da man nicht wusste, ob sich die Lage weiter verschärfen wird, wurde damals auch das Finanzministerium eingeschaltet, das in den Tagen darauf einen weiteren Kreditrahmen bereitstellte, der jedoch nie abgerufen werden musste.

In Summe habe man damals einen Höchststand von drei Milliarden Euro an sogenannten Margins bei der Börse hinterlegt gehabt, sagt Wien Energie-Aufsichtsratschef Peter Weinelt am Montag vor Journalisten. Das Geld wird von der Börse von Stromverkäufern verlangt, wenn die Preise steigen. Damit will die Börse die Stromkäufer absichern, sollten die Verkäufer als Lieferanten ausfallen und die von ihnen in der Zukunft verkauften Strommengen über die Börse eingekauft werden müssen. Und da die Wien Energie im Winterhalbjahr einen Stromüberschuss produziert, da sie die Gaskraftwerke nach der benötigten Fernwärmeleistung fährt, ist sie auch ein großer Stromverkäufer für die Monate zwischen Oktober und März, während sie im Sommer Strom zukaufen muss. Um sich bei den Preisen abzusichern, erfolgen diese Verkäufe auch immer weit im Voraus.

Diesen Höchststand an hinterlegten Margins habe es allerdings nur für wenige Tage gegeben. Danach sind die Strompreise an den Börsen gesunken und die Wien Energie hat das Geld zurückbekommen. Aktuell belaufen sich die Margins auf 350 bis 450 Mio. Euro. Geld, das bereits durch den Kreditrahmen der Wiener Stadtwerke gedeckt sei. Allerdings habe man aus der Situation des Vorjahres die Lehren gezogen und wäre auf neuerliche Probleme deutlich besser vorbereitet, so Weinelt und Wien Energie-Chef Michael Strebl am Montag.

Wie 30 Euro je Liter Benzin

Konkret habe man das interne Liquiditätsreporting so umgestellt, dass ansteigende Margins sofort in Richtung Geschäftsleitung bekanntgegeben werden. So soll verhindert werden, dass sich eine Welle aufbaut, die nicht bemerkt wird. Denn auch im Sommer des Vorjahres gab es in den Wochen vor dem sogenannten „Schwarzen Freitag“ bereits konstant ansteigende Margins. Vom schlussendlichen Ausmaß, das seither in seiner Größenordnung auch einmalig war, sei man dann aber doch überrascht gewesen. „Das war wie wenn der Liter Benzin an der Tankstelle plötzlich 30 Euro kostet“, sagt Strebl.

An der grundsätzlichen Problematik habe sich jedoch nichts verändert. Nach wie vor sei es möglich, dass Handel mit minimalen Strommengen an der Börse große Preisveränderungen erzeugen kann. Und während beispielsweise an Aktienbörsen bei extremen Preissprüngen der Handel ausgesetzt werde, laufe dieser an den Strombörsen immer weiter, kritisiert Strebl. Die Wien Energie fordert daher von Politik und Regulator eine Neuregelung, wie der Preis an den Strombörsen erstellt wird. Dies sei jedoch ein europäische Thema, das nicht national gelöst werden könne. So liegt die maßgebliche Börse ja auch in Leipzig.

Damit man für neuerliche Probleme jedoch gerüstet ist, hat die Wien Energie nun einen ständigen „Schutzschirm“ aufgespannt. Dabei gibt es eine Kreditlinie, die von der Stadt Wien und einem Bankenkonsortium bereitgestellt wird und „ein Vielfaches“ des Black Friday verkraften würde. Es handle sich dabei also um einen hohen einstelligen Milliardenbetrag. Wie viel die Bereitstellung dieses Kredits koste, wolle man nicht sagen. So lange er nicht genutzt werde, seien die Kosten aber überschaubar. „Wir hatten eine zweieinhalb Meter hohe Tsunami-Welle und haben jetzt halt eine sechs Meter hohe Schutzmauer gebaut“, so Strebll

Abgesichert hat sich die Wien Energie auch hinsichtlich der Versorgungssicherheit. So werden 30 Prozent des Gases nun aus dezidiert nicht russischen Quellen bezogen. Es stammt von der OMV aus Norwegen. Mit diesem Gas sei es möglich, im Notfall die Fernwärmeversorgung von Wien aufrecht zu erhalten. Die Kosten dafür liegen etwas über dem üblichen Preis.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.