Aussage unterbrochen

„Es tut mir zutiefst leid“: Boris Johnson entschuldigt sich bei Familien von Corona-Opfern

Boris Johnson muss vor einer Kommission Rede und Antwort stehen.  Es sei zunächst nicht ersichtlich gewesen, dass Corona „eine echte potenzielle nationale Katastrophe“ sein könnte.
Boris Johnson muss vor einer Kommission Rede und Antwort stehen.  Es sei zunächst nicht ersichtlich gewesen, dass Corona „eine echte potenzielle nationale Katastrophe“ sein könnte.APA / AFP /
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In Großbritannien arbeitet eine Kommission den politischen Kurs während der Corona-Pandemie auf. Der damalige Premier, Boris Johnson, muss Rede und Antwort stehen. Größere Versäumnisse streitet er ab. „Einiges“ sei jedoch „sicher falsch gelaufen“.

Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson zeigt sich zerknirscht über sein Fehlverhalten während der Coronavirus-Pandemie. „Man könnte mit Fug und Recht sagen, dass wir das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Herausforderung durch Corona unterschätzt haben“, sagte er am Mittwoch in einer Anhörung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in London. Bei seiner Aussage wurde er unterbrochen.

Kritiker werfen dem konservativen Politiker vor, er habe mit einem chaotischen Kurs die britische Reaktion auf das Coronavirus erschwert. Zu seiner Aussage musste Johnson zweimal ansetzen, weil die Kommissionsvorsitzende zwischenzeitlich jemanden ermahnte, sich hinzusetzen oder den Raum zu verlassen. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge wurden dann mehrere Menschen des Saals verwiesen.

„Einiges falsch gelaufen“

Johnson erklärte, es sei zunächst nicht ersichtlich gewesen, dass Corona „eine echte potenzielle nationale Katastrophe“ sein könnte. „Ich kann die Gefühle der Opfer und ihrer Familien verstehen und bedaure zutiefst den Schmerz, den Verlust und das Leid der Opfer und ihrer Familien.“ Grundsätzlich stritt er größere Versäumnisse ab. „Einiges“ sei jedoch „sicher falsch gelaufen“.

Johnson war 2022 nach drei Regierungsjahren wegen einer Reihe von Skandalen zurückgetreten. Unter seiner Verantwortung wurde in Großbritannien eine der höchsten pandemiebedingten Todesraten der Welt verzeichnet. Er soll während der strikten Kontaktbeschränkungen, unter denen die meisten Briten zu Hause bleiben mussten, an partyähnlichen Versammlungen von Regierungsmitarbeitern samt Ausschank alkoholischer Getränke teilgenommen haben. Zudem gibt es Kritik an seiner Corona-Politik. So soll er gefragt haben, ob man das Virus abtöten könne, wenn man mit einem Föhn in die Nase blase. Einem Regierungsmitarbeiter soll er gesagt haben, er würde lieber viele Menschen sterben sehen, als einen zweiten Lockdown anzuordnen.

„Das Geschlechterverhältnis hätte besser sein sollen“

Johnson räumte ein toxisches Arbeitsklima und zu wenig Mitarbeiterinnen in seiner Regierungsmannschaft ein. „Ich denke, dass das Geschlechterverhältnis in meinem Team besser hätte sein sollen“, sagte er auf eine entsprechende Frage. „Ich denke, dass während der Pandemie zu viele Sitzungen zu sehr von Männern dominiert wurden.“

Der Ex-Premier war drei Stunden vor Beginn der Anhörung noch in der Dunkelheit zum Ort der Vernehmung gefahren, um den Angehörigen von Covid-Toten aus dem Weg zu gehen. Rechtsanwalt Aamer Anwar, der schottische Angehörige vertritt, warf Johnson eine „tödliche Kultur der Straflosigkeit und Inkompetenz“ vor. Menschen seien wie „Giftmüll“ behandelt worden. (ag/red)

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