Interview

Arbeitsmarktexperte: „Ohne Arbeit gehen Strukturen verloren“

Lukas Lehner forscht zum Thema Arbeitsplatzgarantie: „Die Leute wollen arbeiten“, sagt er.
Lukas Lehner forscht zum Thema Arbeitsplatzgarantie: „Die Leute wollen arbeiten“, sagt er.Caio Kauffmann
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Arbeit gibt uns Halt und soziale Anerkennung, sagt Arbeitsmarkt-Experte Lukas Lehner. Warum Arbeitsmarktpolitik nur begrenzt sinnvoll ist und wie sich nachhaltig neue Jobs schaffen lassen.

Die Presse: Wir diskutieren den Arbeitsmarkt meist aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive. Warum ist Arbeit für uns auch auf individueller Ebene so wichtig? 

Lukas Lehner: Es gibt eine Utopie, für die ich auch gewisse Sympathien habe, in der wir keine Erwerbsarbeit mehr brauchen. In der Menschen glücklich sind in ihrer Freizeit und sich verwirklichen können. Fakt ist aber, dass in der Welt, in der wir heute leben, für die allermeisten Menschen Arbeit eine sehr wichtige immaterielle, psychosoziale Bedeutung hat und weit über den Gelderwerb hinausgeht. 

Inwiefern? 

Wir sprechen hier von latenten Funktionen der Arbeit. Erstens: die Zeitstruktur. Arbeit prägt stark, wie wir über Zeit nachdenken. Wir reden von Freizeit und Arbeitszeit, von der Arbeitswoche und vom Wochenende. Arbeit bedeutet auch eine regelmäßige Tätigkeit, in der Früh aufzustehen und hinzugehen. Wenn man keine Erwerbsarbeit hat, dann gehen diese Strukturen verloren. Dazu kommt der soziale Kontakt. Arbeit vermittelt für viele Menschen Teilhabe an kollektiven Zielen und gibt einen Sinn im Leben. Den kann man aber natürlich auch außerhalb der Erwerbsarbeit finden. 

Arbeit hat auch eine weitere Funktion: soziale Anerkennung.

Genau. Viele schöpfen aus der Arbeit ihren sozialen Status sowie ihre Identität. Wenn man arbeitslos ist, bekommt man in der Regel viel weniger soziale Anerkennung, dazu kommen oft Gefühle wie Scham, die zu mehr sozialer Isolation führen.

Vor allem die jüngere Generation fordert am Arbeitsplatz immer mehr eine sinnvolle Tätigkeit ein – Stichwort Work-Life-Balance. 

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