Generöse Raumwelten wie bei der Biennale 2022 schaffen Knebl und Scheirl auch im Palais de Tokyo.
Palais de Tokyo

Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl, „Doppelganger!“ im Pariser Untergrund

Mit theoretischem Unterbau versehen und überaus amüsant: „Doppelganger!“ von Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl in Paris. 

Hier fühlen sich Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl wohl gut aufgehoben: Der weitläufige Untergrund der Pariser Gegenwartskunsthalle im Palais de Tokyo, ein brutalistisches Betonlabyrinth, schraubt sich wie ein gespiegeltes Gebäude tief und tiefer in den Erdboden und ist, wie die beiden in einem begleitenden Statement feststellen, auch eine Heterotopie, die auf „Unter- und Gegenkulturen“ verweist. Der Begriff der Heterotopie lässt an Michel Foucault denken, außerdem referenziert das prominente Duo Lyotard, Mary Shelley, Ada Lovelace. Aus der Popkultur darf Barbapapa aufblitzen, aus der Designgeschichte etwa der deutsche Gestalter Luigi Colani. In eine beiläufig im Museumsraum platzierte Skulptur wurde dann noch die Form einer Designzitronenpresse aus dem schöngeistigen Haushalt verwoben.

Das Zusammenführen von bildender Kunst und Disziplinen wie Design und Modeschaffen kennzeichnet diese Raum-Welt.
Das Zusammenführen von bildender Kunst und Disziplinen wie Design und Modeschaffen kennzeichnet diese Raum-Welt.Aurélien Mole

Wie Knebl und Scheirl zusammenarbeiten, gemeinsam „Begehrensräume“ wie im österreichischen Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig gestalten, das beeindruckt auch ob der raumgreifenden Unerschrockenheit. Da werden Versatzstücke herangekarrt, eine Sofalandschaft aufgestellt, Tapeten eigens gestaltet und aufgeklebt – und auf dem Handyscreen tanzen die beiden in einer Augmented-Reality-Anwendung dann noch als animierte Kunstfiguren zu dem Achtzigerjahrehit „Marcia Baïla“ von Les Rita Mitsouko und komplettieren das Vergnügen.

Tapeten führen Scheirls Gemälde großflächig fort, theoretische Referenzen sind vielerorts eingewoben. 
Tapeten führen Scheirls Gemälde großflächig fort, theoretische Referenzen sind vielerorts eingewoben. Aurélien Mole

Die Auftritte der beiden in den letzten Jahren steigern sich von Mal zu Mal in ihrer Komplexität und hinsichtlich der selbstverständlichen Beanspruchung von Räumen. Das gewählte Doppelgängerthema (für das französische Publikum à l’anglaise und somit ohne „ä“) bietet sich ob der Verschachteltheit mit allerlei Theorieunterbau an und stellt wohl auch einen Rückverweis auf das symbiotische Arbeiten der beiden dar. Wieder so eine auf verschiedenen Ebenen funktionierende Welt von Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl, in der man wie in einer tiefgründigen Wunderkammer so viel Zeit wie möglich verbringen möchte. Wer es nicht nach Paris schafft, kann die Ausstellung nächstes Jahr in abgewandelter Form dann in den Deichtorhallen in Hamburg sehen.

Für eine Augmented-Reality-Anwendung im Museumsraum tanzten Knebl und Scheirl zum Eighties-Hit „Marcia Baïla“. 
Für eine Augmented-Reality-Anwendung im Museumsraum tanzten Knebl und Scheirl zum Eighties-Hit „Marcia Baïla“. Screenshot/dk

Tipp: „Doppelganger!“ Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl bespielen den Untergrund des Palais de Tokyo in ­Paris noch bis 7. Jänner 2024.

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