Neurologie

Magnetfelder gegen den Kopfschmerz

Dumpfer Druck, spitze Stiche, Flackern vor den Augen: Eine Million Österreicher leidet an krankhaften Kopfschmerzen
Dumpfer Druck, spitze Stiche, Flackern vor den Augen: Eine Million Österreicher leidet an krankhaften Kopfschmerzen(c) Imago
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Migräne kann Menschen tagelang außer Gefecht setzen. Ein Wiener Start-up möchte mit einer neuen non-invasiven Technik helfen, die schmerzhaften Attacken zu verhindern.

Sie kann sich schon Tage vorher mit Heißhunger, Benommenheit und Sehstörungen ankündigen und zeigt sich dann in quälendem, oft einseitigem Kopfschmerz: eine Migräne-Attacke. Migräne ist die häufigste neurologische Erkrankung weltweit und betrifft bis zu elf Prozent der Bevölkerung – mehr als eine Million Menschen leiden allein in Österreich unter den wiederkehrenden starken Kopfschmerzen.

Betroffene sind oft mehrere Tage im Monat durch Schmerz eingeschränkt und zur akuten Behandlung auf starke Medikamente angewiesen. Glücklicherweise konnte die Migräneforschung in den letzten Jahrzehnten wirksame Prophylaxe-Methoden entwickeln, die die Länge und Häufigkeit der Attacken vermindern können. Die gezielte Entspannung von Gesichts- und Nackenmuskeln mittels Botox und die Gabe von Antikörpern, die selektiv Botenstoffe des Nervensystems blockieren, die an der Schmerzentwicklung beteiligt sind, können vielen Menschen helfen – aber nicht allen.

Das Gehirn beeinflussen

Hier sieht ein Wiener Start-up mit einer neuen Technik seine Chance, zu unterstützen. Das Team von Brightmind.AI rund um die Neurowissenschaftlerin Tamara Gerbert und den Physiker Gregor Kowarik möchte dazu ein schon länger bekanntes Phänomen für Migränepatientinnen und -patienten nutzbar machen: Lokale magnetische Felder können unsere Gehirnaktivität beeinflussen und Migräne-Attacken verhindern. Dazu entwickelt es ein „Headset“, das die Magnetfelder direkt am Kopf produziert: „Das besondere an unserer Technik ist, dass sie non-invasiv ist, kaum Nebenwirkungen hat und außerdem für jeden Patienten personalisiert wird“, sagt Gregor Kowarik, Geschäftsführer und technischer Leiter der 2022 gegründeten Firma.

Das Gerät kann zusätzlich mittels Elektroenzephalogramm (EEG) die Gehirnströme messen und die magnetischen Felder so für jeden Patienten individuell anpassen. „Die magnetischen Impulsfolgen, die bekannterweise gegen Migräne effektiv sind, werden mit den gemessenen Hirnwellen der Patienten synchronisiert – und können so in Zukunft hoffentlich noch wirksamer werden“, erklärt Kowarik.

Schneller Erfolg

Besonders vielversprechend ist die neue Technik für Betroffene, die die bekannten Prophylaxe-Methoden nicht anwenden dürfen, etwa Menschen mit schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ihnen bleibt ansonsten nur die Einnahme starker Schmerzmittel. „Die Verwendung ist denkbar einfach: Schon wenige Minuten Anwendung über einige Tage hinweg könnten die Kopfweh-Tage um mehr als die Hälfte reduzieren“, sagt Kowarik.

Im Moment läuft eine erste Pilotstudie mit dem Prototyp, der noch stationär in der Arztpraxis angewendet wird. Hier soll der Nutzen erstmals bei Patienten, die sehr häufig Schmerzattacken haben, gezeigt werden.

Finanziell unterstützt wird Brightmind.AI durch österreichische Investoren und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG sowie dem Austria Wirtschaftsservice (AWS). Nächstes Jahr soll das erste marktreife Produkt fertiggestellt und die Zertifizierung für den europäischen oder amerikanischen Markt angegangen werden. Ziel ist es, ein personalisiertes Gerät auf den Markt zu bringen, das der Patient nach einer Verschreibung zu Hause selbstständig verwenden kann.

Lexikon

Die transkranielle Magnetstimu­lation, kurz TMS, ist eine Technologie, bei der mithilfe starker lokaler Magnetfelder Bereiche des Gehirns sowohl angeregt als auch gehemmt werden können.

Die Magnetfelder werden von einer am Kopf angelegten Spule als Puls von weniger als einer Sekunde Dauer erzeugt und wirken durch den Schädelknochen auf die darunter liegenden Neuronen.

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