Wort der Woche

Wissenschaft zum Schmökern

Geschenktipps aus der Welt der Wissenschaft: Österreichische Forschende vermitteln ihre Erkenntnisse in opulenten Büchern, die selbst höchste Erwartungen noch übertreffen. 

Wussten Sie, dass es in Österreich schon 2000 Jahre vor Stonehenge ähnlich beeindruckende Monumentalbauten, sogenannte Kreisgrabenanlagen, gab? Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere an die NÖ Landesausstellung 2005, in der diese bis zu 180 Meter großen kreisrunden Anlagen mit Gräben, Wällen und Palisaden erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Da nicht mit Stein, sondern mit Holz gebaut wurde, sind oberirdisch keine Reste zu sehen – aber mit modernen archäologischen Methoden (u. a. Bodenradar) wurden hierzulande schon mehr als 60 solche Anlagen nachgewiesen. Wolfgang Neubauer und Ingrid Kowatschek (Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie) haben nun unter dem Titel „Älter als Stonehenge. Rätselhafte Monumente in Österreich“ (213 S., Kral Verlag, 40,50 €) eine um neueste Forschungsergebnisse aktualisierte und erweiterte Ausgabe des seinerzeitigen Ausstellungskatalogs herausgegeben. Eine faszinierende Zeitreise!

Nicht so weit zurück reicht der opulente Band „Schönbrunn. Die kaiserliche Sommerresidenz“ (551 S., 50,95 €), den die Wiener Kunsthistorikerinnen Elfriede Iby und Anna Mader-Kratky herausgegeben haben. Dieses neue Standardwerk zur 500-jährigen Geschichte des meistbesuchten Gebäudes Österreichs verbindet wissenschaftliche Exaktheit mit guter Lesbarkeit, akribische Beschreibungen mit anschaulichen Darstellungen. Beim Schmökern gibt es viel zum Staunen: Man erfährt z. B., dass fertig gedeckte Tische seinerzeit mittels Kurbelwinden durch Deckenöffnungen in die Beletage gehoben wurden. Oder dass in den 1920er-Jahren alle Veränderungen durch den Kurzeitkaiser Karl I. wieder rückgängig gemacht wurden.

Einer ganz anderen Zeitdimension hat sich Hans Egger verschrieben: In seiner „Ostalpen-Saga“ erzählt der Forscher an der Geologischen Bundesanstalt (nun: GeoSphere Austria) „Die Biographie eines Gebirges“, so der Untertitel des reich bebilderten Buches (285 S., Pustet, 32,95 €). Wer Geologie bisher als spröde und unverständlich empfunden hat, wird Augen machen. Mit kulinarischen und zugleich messerscharfen Texten entführt Egger in Meerestiefen, die zum Hochgebirge wurden, er schildert die Mechanismen des „alpinen Recyclings“, ist ein kundiger Begleiter ins Dinosaurierland und präsentiert die Folgen des einst tropischen Klimas im Waldviertel: die wunderbaren Block- und Wackelsteine. Nachdrückliche Empfehlung!

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com
www.diepresse.com/wortderwoche

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