Mein Donnerstag

Wenn die Vorfreude das Ausschlafen von früher ist

Die Samstage werfen ein wohliges Licht voraus, auch die Feier ist vorher schöner als danach.

Manchmal reicht eine andere Perspektive, und alles sieht anders aus. So schreibe ich heute statt Teresa Wirth und morgen sie statt mir, und der Donnerstag und ich fremdeln miteinander. Ein Text unter der Woche hat ein ganz anderes Gefühl als vor dem Wochenende, wo die Aussicht aufs Ausschlafen schon den Vortag in ein warmes Licht taucht. Den gegenteiligen Effekt hat der Montag auf den Sonntagabend. Übrigens meint ein gleichaltriger Kollege, dass es peinlich ist, wenn Menschen unseres Alters sich noch gerne ausschlafen (und darüber sprechen), weil das Leben viel zu knapp bemessen ist als es zu verschlafen. Ich träume manchmal lieber, als wach zu sein.

Ein ähnliches schönes Licht wie der Samstag auf den Freitag wirft übrigens auch eine Weihnachtsfeier auf die Stunden davor, wo eine irrwitzige Fröhlichkeit in der Luft liegt, alle sich (ein wenig) Mühe mit der Garderobe gegeben haben und sich noch ausmalen, wie ausgelassen es wird. Am nächsten Tag weiß man es dann und fragt sich, warum man bloß so lange geblieben ist wie jene, die sich vorsorglich freigenommen haben. Dadurch erfahren sie aber auch nicht, wie schlecht über sie geredet wird. Früher war es besser, da hat niemand fotografiert.

Es ist auch eine Frage der Perspektive, wenn laut Abwassermessung die bisher stärkste Covid-Welle um sich schwappt und Weihnachtsfeiern stattfinden. Vor drei Jahren kam die Polizei, weil man mit dem Glühwein in der Hand zu nahe beim Lokal stand, das nicht aufsperren durfte. Heute sind wir Corona-geeicht, einige Lokale gibt es nicht mehr und viele Hotels haben neue Infinity-Pools. Gar nicht wenige Menschen haben Long Covid als Andenken behalten. Weil wir die Erinnerung noch nicht ganz verloren haben, gehört ein Corona-Test gemacht, bevor man liebe Menschen herzt. Egal an welchem Tag der Woche.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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