Tisch für vier

Lokalkritik im Trude: Ein Menü für Touristen?

Restaurant Trude im Wien Museum
Restaurant Trude im Wien MuseumChristine Pichler
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„Trude“, das Restaurant im neuen Wien Museum, wird der Namensgeberin nicht gerecht. Vielleicht kommt es ja noch.

Ob Trude Fleischmann, eine dieser tollen frühen jüdischen Fotografinnen, an denen Wien vor dem vermaledeiten 38er-Jahr so reich war, Kinder hatte, ist wohl die interessanteste Frage, der man sich im Restaurant im neuen Wien Museum stellen darf. Heißt doch das Gastrokonzept, das von GMS Gourmet (Cafés auch im Technischen und Kunsthistorischen Museum) hier umgesetzt wurde, „Trude & Töchter“. Wobei man anmerken muss, dass dies der Übername fürs Gesamtgastrokonzept des frisch eröffneten Museums ist; „Trude“ heißt das Restaurant im Erdgeschoß, „& Töchter“ der Selbstbedienungskobel ganz oben, wo es vor allem Kaffee und Plunder gibt. „& Schwestern“ hätte es im Zusammenhang mit Fleischmann allerdings eher getroffen, die 1938 in die USA emigrierte Fotopionierin war queer, also lesbisch.

Restaurant Trude im Wien Museum
Restaurant Trude im Wien MuseumChristine Pichler

Überhaupt fragt man sich, warum sie hier nur als oberflächliches Logo herhalten muss. Außer ein paar lieblos gehängter Reproduktionen und einem gleichnamigen, ähnlich lieblosen Signature Drink (Gin Tonic mit Orangensaft) rechtfertigt nichts die Namensgebung. Dafür sitzt man ganz gemütlich bei warmem Licht, ein wenig eng vielleicht. Das auffallend herzliche Service lässt die Trockenblumenorgie nur noch trockener wirken. Eindeutig wird hier jedenfalls eher die Tageskundschaft (den ganzen Tag Frühstück) angesprochen. Für das Fine Dining hätte man sich aber mehr einfallen lassen können; von sechs Hauptgerichten sind vier derart vorhersehbar wienerisch, dass man sich fragt, wer das essen soll? Touristen wird es abends wohl weniger hierher ziehen. Und innerstädtisches Ausgehpublikum wird sich den Bauch wohl nicht mit Kalbsschnitzel, Gulasch (mit Polenta immerhin), gebratenem Zander und „knusprigen Schweinsbackerl“ vollschlagen. Letztere weisen noch dazu eine wenig animierende Betonpanier auf, sind dafür innen schön saftig und auf eine sehr dichte Schwarzbier-Reduktion gebettet (24,60). Auf einer ähnlich (über)würzigen Seite das Beef Tartar, feinst faschiert und mit zähem Ponzu-Eigelb garniert (15,90). Der in drei Minuten an den Tisch gebrachte Mohn-Zwetschkenknödel ist lauwarm und von bedrohlich massiver Topfenteigigkeit (8,90). Einzige Anleihe an die jüdisch-israelische Küche? Eine sehr schöne ganze Artischocke, in zwei geschnitten, gegrillt und mit grobem Salz bestreut (12,90), die Liebstöckel-Ajoli dürfte sich mehr ihrer angeblichen Limettenhaftigkeit besinnen. Ich höre Trude flüstern: Mehr davon. 

Info

Trude, Karlsplatz 8, 1040 Wien, Tel.: +43/664 9664 840, Restaurant: Di–So 8–24, Küche bis 22.30. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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