Konjunktur

2024 bringt den Österreichern einen Rekord-Anstieg der Reallöhne

Um 4,5 Prozent sollen die realen Nettolöhne pro Beschäftigten im kommenden Jahr in Österreich steigen (Archivbild). 
Um 4,5 Prozent sollen die realen Nettolöhne pro Beschäftigten im kommenden Jahr in Österreich steigen (Archivbild). Bloomberg
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Die hohen Lohnrunden bringen den Menschen deutlich mehr Geld, was die Wirtschaft stützt. Mittelfristig leidet aber die Wettbewerbs- fähigkeit, so die OeNB.

Wien. Die Inflation hat in den vergangenen eineinhalb Jahren tiefe Löcher in die Budgets vieler Privathaushalte in Österreich gefressen. Die Gewerkschaften haben daher bei den bisherigen Lohnrunden entsprechend hohe Forderungen aufgestellt und diese nach oftmals intensiven Verhandlungen samt Streiks in der Regel auch durchgesetzt.

Da gleichzeitig die Inflation deutlich zurückgegangen ist, wird das Jahr 2024 aus Sicht der Arbeitnehmer nun finanziell wesentlich besser. „Die realen Nettogehälter steigen um 4,5 Prozent. Das ist das höchste Plus seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1995“, so Gerhard Fenz, Leiter der Konjunkturabteilung in der OeNB, bei der Präsentation der Winterprognose der Nationalbank.

Eine Entwicklung, die auch dazu führen wird, dass Österreich nach eineinhalb Jahren mit stagnierender oder zurückgehender Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr wieder auf einen Wachstumskurs einschwenken wird. Denn viele werden das zusätzliche Geld trotz höherer Zinsen nicht sparen, sondern ausgeben. Und das soll den privaten Konsum vom heurigen Minus von 0,4 Prozent wieder kräftig auf ein Plus von 1,5 Prozent anwachsen lassen.

Der Konsum wird somit auch zum Treiber des gesamtwirtschaftlichen Aufschwungs, der unter dem Strich per Ende 2024 zumindest wieder ein Wachstum von etwas mehr als einem halben Prozent für die heimische Volkswirtschaft bringen soll.

Der nun beginnende Konjunkturzyklus sei sehr ungewöhnlich, so Fenz. Denn normalerweise stünde am Anfang eines Aufschwungs ein Anstieg der Unternehmensinvestitionen. Und erst mit der Zeit würde sich dieses höhere Wachstum dann über die Löhne auch zum privaten Konsum durchschlagen. Diesmal sei es jedoch umgekehrt, so die Prognose.

Allerdings gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Denn die stark steigenden Löhne werden zunehmend zum entscheidenden Treiber der Inflation. Waren es zu Beginn der Inflationswelle die Energieimporte und dann zeitweise höhere Unternehmensgewinne in gewissen Sektoren, so sind es spätestens seit Mitte 2023 die Löhne und Gehälter, die das heimische Inflationsgeschehen treiben (siehe Grafik).

Österreich verliert an Boden

Und das wiederum führt dazu, dass die Lohnstückkosten in Österreich stärker als in anderen europäischen Ländern steigen. Konkret erwartet die OeNB bis 2026 hierzulande einen Anstieg um 26,4 Prozent während es im gesamten Euroraum nur ein Plus von 18,1 Prozent geben soll – also ein Unterschied von mehr als acht Prozentpunkten. Diese „schleichende Erosion“ werde zwar nicht sofort zu spüren sein, mittel- und langfristig aber Auswirkungen haben.

Laut einer Berechnung aus dem Sommer, die damals von einem um sechs Prozentpunkte höheren Wachstum der Lohnstückkosten als im Euroraum ausging, kostet dies die heimische Wirtschaft über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren ein Prozent Wachstum und etwa 20.000 Arbeitsplätze, so Fenz. Nun sei der Effekt noch etwa um die Hälfte stärker. „Das ist eine Entwicklung, die wir mit Sorge beobachten.“ Gerade in Phasen des globalen Aufschwungs würden so auch Marktanteile für die heimischen Exporteure verloren gehen.

„Was uns in ganz Europa Sorgen macht, ist die Entwicklung bei der Produktivität“, sagt dazu auch OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. So wären steigende Löhne nicht so ein großes Problem, wenn gleichzeitig auch die Produktivität ansteigen würde. Das geschieht aber nicht. Als Grund dafür nennt Holzmann eine fehlende Dynamik bei der Schaffung „neuer und aufstrebender Unternehmen“. Dies sei einerseits durch einen fehlenden Kapitalmarkt für diese bedingt, andererseits auch durch zu bürokratische und regulative Strukturen. Hier brauchte es politische Reformen.

Bei der Entwicklung der Leitzinsen in Europa ist laut Holzmann nun die Wahrscheinlichkeit größer geworden, dass der „Gipfel“ erreicht sei. Zwar gebe es nach wie vor Risiken für einen Wiederanstieg der Inflation – etwa schlechte globale Ernten infolge von El Niño –, aber in Summe gehe im Euroraum die Entwicklung der Teuerung in die richtige Richtung.

Dass Österreich hierbei mit zuletzt 2,5 Prozentpunkten deutlich über dem Euro-Schnitt liege, sei ein Problem, das national thematisiert werden müsse. Etwa durch mehr Wettbewerb auf dem Energiesektor, bei dem auch die Kunden wechselfreudiger werden sollten. Wann es wieder zu einer Senkung der Zinsen kommen könnte, wollte Holzmann am Freitag nicht beantworten.

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