Falschaussage-Prozess

Belastungszeuge Schmid auf dem Prüfstand

Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid wurde auch am Freitag stundenlang „gegrillt“. Erneut stand der 48-jährige vormalige Spitzenbeamte des Finanzministeriums im Mittelpunkt eines Fragen-Marathons. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte viel von ihm wissen. Die Verteidigung auch.
Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid wurde auch am Freitag stundenlang „gegrillt“. Erneut stand der 48-jährige vormalige Spitzenbeamte des Finanzministeriums im Mittelpunkt eines Fragen-Marathons. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte viel von ihm wissen. Die Verteidigung auch. APA/Fohringer
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Thomas Schmid, dessen Chats so manche Affäre ausgelöst haben, musste unzählige Fragen beantworten. Fazit: Er belastet Sebastian Kurz weiterhin.

Das Bild glich jenem, das sich schon am Montag im Wiener Landesgericht für Strafsachen bot: Thomas Schmid, der frühere Vorstand der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag, musste zum zweiten Mal in den Zeugenstand treten. Erneut wurde der Mann, der sich in anderer Sache, nämlich in der Inseraten-Affäre, als Kronzeuge angeboten hat, geradezu exzessiv befragt. Vom Kernvorwurf der Anklage, Ex-Kanzler Sebastian Kurz und dessen früherer Kanzleramts-Kabinettschef Bernhard Bonelli hätten vor dem Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt, wichen die vielen Fragen oft meilenweit ab.

Unterm Strich blieb Schmid dennoch bei seiner Kernaussage: Ja, Kurz habe bei Bestellung der Führungsgremien der Öbag (Vorstand, Aufsichtsrat) fleißig mitgeredet. Alle Personalentscheidungen seien in enger Abstimmung mit Kurz oder dessen Leuten erfolgt. Ebendies sei ja auch implizites Element des „Systems Kurz“ gewesen. Man müsse wissen: „Personalpolitik war ihm grundsätzlich ein wichtiges Anliegen.“

Eigene Rolle kleingeredet?

Wie berichtet, wirft die WKStA Kurz vor, er habe am 24. Juni 2020 vor dem parlamentarischen Ibiza-U-Ausschuss seine eigene Rolle bei der personellen Besetzung der Öbag „tatsachenwidrig“ heruntergespielt. Derselbe Vorwurf trifft Bonelli. Beide bestreiten die Anschuldigungen.

So weit, so gewohnt. Aber dann gab es an diesem Freitag doch etwas Neues: Kurz und Bonelli mussten ihre Sitzplätze verlassen und sich andere suchen. Liest sich unspektakulär, ist aber bemerkenswert, da in einem Gerichtssaal so gut wie nichts dem Zufall überlassen wird. Zunächst muss man wissen, dass Kurz und Bonelli von Anfang an gar nicht auf der Anklagebank sitzen mussten. Viele Generationen von Angeklagten waren schon auf diesem hölzernen Möbelstück des denkmalgeschützten Schwurgerichtssaals gesessen. Nicht so eben die beiden nunmehrigen Beschuldigten.

Der Richter erlaubte ihnen, vor einem Schreibtisch auf Bürostühlen zu sitzen. Da das Duo während der Befragung Schmids direkt hinter diesem saß, mitunter auch tuschelte, ordnete Richter Michael Radasztics ein „Wegrücken“ an. Um die „Konzentration“ des Zeugen nicht zu stören.

Immer wieder die Schmid-Chats

Indessen konfrontierte einer der beiden WKStA-Vertreter, Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic, den Zeugen Schmid neuerlich mit diversen Chats, um dessen frühere Kooperation mit Kurz herauszuarbeiten. So etwa bei den Koalitionsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017, bei denen Schmid beim Thema Beteiligungen beigezogen wurde. Oder eben beim Umbau der Beteiligungsgesellschaft des Bundes von der Öbib zur Öbag. Dabei will Schmid den Kanzler immer wieder „upgedatet“ haben.

Kurz mit „relativ starker Meinung“

Und auch Kurz selbst habe immer wieder nachgefragt und sich informieren lassen, das Vorgehen sei stets „sehr, sehr eng“ abgestimmt gewesen, so Schmid. Wie dann Kurz gemeint haben könnte, dass er, Schmid, sein „eigenes Süppchen gekocht habe“, wollte Adamovic wissen. Das könne er sich nicht erklären, antwortete Schmid. Und: „Die großen Projekte wie Öbag und Budget kannst du im System Kurz nicht ohne Rücksprache durchführen. Das ist einfach denkunmöglich.“ Ohne Rückendeckung aus dem Kanzleramt sei nichts möglich gewesen. Kurz habe immer wieder „relativ stark“ seine Meinung kundgetan.

So sei es auch beim Nominierungskomitee für Aufsichtsräte gewesen. Bei Personalfragen sei zunächst Bonelli „unmittelbarer Ansprechpartner“ gewesen. Große Dinge seien aber jedenfalls „mit Kurz selbst“ besprochen worden, und auch Bonelli habe alle Themen mit seinem Chef abgestimmt, so Schmid.

Auch der Richter selbst stellte Fragen an den Hauptbelastungszeugen. Er wollte zum Beispiel wissen, wie sich denn die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gestaltet habe. Schmid sprach von einem „reinen Arbeitsverhältnis“ und beschrieb die Zusammenarbeit als „sehr professionell“. Weiter: „Löger war ein Mann aus der Wirtschaft, der Management-Ansätze mitgebracht hat.“

Apropos Löger: Für Montag ist ebendieser als Zeuge geladen. Ein weiterer ehemaliger ÖVP-Finanzminister wird folgen: Gernot Blümel. Er war eigentlich für Freitag geladen, seine Befragung wurde auf den 25. Jänner verschoben.

Wer ist wie steuerbar?

Und ja, auch der eine oder andere Chat, quasi das unfreiwillige Markenzeichen von Schmid, sorgte einmal mehr für Gesprächsstoff. Als es nach der Nationalratswahl 2017 um die Frage ging, wer für welches Regierungsamt geeignet sei, kam der Name Josef Moser ins Spiel. Dieser galt zunächst als möglicher Wirtschafts- oder Finanzminister (tatsächlich wurde Moser dann Justizminister). Schmid bat Kurz in einem Chat, Ex-Rechnungshof-Chef Moser nur ja nicht ins Finanzressort zu holen. Dies sei ein „Horrorszenario“. Es würde dann „die Despotie der Erbsenzähler“ herrschen. „Und der Erbsenzähler ist der Moser?“, erkundigte sich der Richter sicherheitshalber. Schmid bejahte. Und sorgte für lebhafte Reaktionen im Publikum. WKStA-Mann Adamovic bemerkte trocken: Die Chats zu Postenbesetzungen würden „das übliche Casting“ offenbaren: „Wer wie ,hält’ – und wer wie steuerbar ist.“

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