Prozesstag 7

Ist Löger (doch) ÖVP-Mitglied? - „Sie überfordern mich mit der Frage“

Der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger sagt am Landesgericht in Wien aus. Rechts im Bild: Seine Anwältin und Vertrauensperson Caroline Toifl.
Der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger sagt am Landesgericht in Wien aus. Rechts im Bild: Seine Anwältin und Vertrauensperson Caroline Toifl. APA / Helmut Fohringer
  • Drucken

Ex-Kanzler Sebastian Kurz wird falsche Beweisaussage rund um die Staatsholding Öbag vorgeworfen – er bestreitet. Heute wurde Ex-Finanzminister Hartwig Löger dazu befragt und entschieden, dass zwei russische Geschäftsmänner als Zeugen geladen werden. „Die Presse“ berichtete live aus dem Gericht.

Der Job als Finanzminister sei zufällig in seine Vita gekommen, sagte Hartwig Löger am Montag in seiner Zeugeneinvernahme durch Richter Michael Radasztics im Wiener Straflandesgericht für Strafsachen. Eigentlich hätte er Jetpilot beim Bundesheer werden wollen, sei dann aber in der Versicherungsbranche und letztlich „als Kandidat der letzten Sekunde“ im türkis-blauen Regierungsteam gelandet. Dafür angefragt hätte Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) höchst selbst in Form eines Telefonats – und zwar recht am Ende der Regierungsverhandlungen. Insofern habe der „parteiunabhängige Finanzminister“ das Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und FPÖ nicht mitverhandelt, sondern nur „durchgeblättert“.

Sein „Leben lang nicht vergessen“ werde er den Sideletter, den Kurz mit seinem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ausverhandelt habe, sagte Löger. Das Papier sei ihm im Ermittlungsverfahren von den Vertretern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gezeigt worden, damals habe er sich daran aber nicht erinnert. „Der Schock war umso größer“, als er erfuhr, dass er davon ein Foto gemacht und es später wieder von seinem Handy gelöscht haben soll. „Ich habe bis heute ein Erinnerungsdilemma“, räumte Löger ein.

Löger: „Schmid war hyperaktiv“

Mittlerweile sei er sich aber klarer darüber, dass er erst am 14. Jänner 2019 bei einem Termin mit Kurz, dessen Kabinettschef und heute mitangeklagten Bernhard Bonelli (beide bestreiten die Vorwürfe der Falschaussage vehement) und dem ÖVP-Regierungskoordinator Gernot Blümel im Bundeskanzleramt von dem Sideletter erfahren habe. Darin fixiert ist unter anderem, dass die ÖVP sowohl den Vorstand als auch den Aufsichtsrat der Öbag bestimme. Vor diesem Tag habe er nur die „Schiefer-Schmid-Vereinbarung“ gekannt, so Löger. Damit gemeint ist ein Papier, ausgearbeitet von Schmid und dem Freiheitlichen Arnold Schiefer, wonach zwei Drittel der Öbag-Aufsichtsräte die ÖVP, ein Drittel die FPÖ benennen sollte.

Apropos Öbag: Diese sei gegründet bzw. die damals bestehende Öbib in diese umgewandelt worden, weil man der Ansicht war, dass eine Aktiengesellschaft handlungsfähiger sei als eine GmbH. Für den Aufsichtsrat und dessen Vorsitz seien viele potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten „von verschiedenen Seiten“ genannt worden, schilderte Löger, der als Finanzminister für die Besetzungen formal verantwortlich zeichnete. Seine Favoritin für den Posten als Vorsitzende sei Christine Catasta gewesen, die sei aber kurzfristig abgesprungen. 

Daraufhin sei eine „massive Stresssituation“ entstanden, erinnerte sich Löger. Schmid habe ihm daraufhin zig Namen geschickt, er sei „hyperaktiv“ gewesen – und das nicht nur einmal. Letztlich erhalten habe den Posten Helmut Kern, obgleich Kurz zuvor den Industriellen Siegfried Wolf ins Spiel gebracht hätte. „Ich hatte den Eindruck, dass wir fast ein bisschen herumgeturnt haben, um dieses Thema“, meinte Löger, denn er selbst habe den Unternehmer abgelehnt. Der Grund: Einerseits habe es Sanktionen gegen Wolf gegeben, andererseits wäre dessen Bestellung kein Zeichen der Erneuerung gewesen.

Russische Geschäftsmänner werden als Zeugen geladen

Nach dem Richter waren die Oberstaatsanwälte Gregor Adamovic und Christina Jilek an der Reihe, Fragen zu stellen. Sie hakten etwa beim Punkt Parteilosigkeit nach. Ob Löger wisse, ob er ordentliches oder außerordentliches Mitglied des Wirtschaftsbundes, einer Teilorganisation der ÖVP, sei? Denn: Ordentliche Mitglieder seien automatisch ÖVP-Mitglieder. „ich gestehe, Sie überfordern mich mit der Frage“, antwortete Löger. Auf die Frage, wer in der Volkspartei sein Ansprechpartner gewesen sei, wenn es um konkrete Entscheidungen gegangen sei, blieb Löger sodann ebenfalls vage: „Für mich war nie entscheidend, wer gewichtiger war“, erklärte er.

Als letzten Punkt des Verhandlungstages entschied  Richter Radasztics, zwei russische Geschäftsmänner als Zeugen zu laden. Der Hintergrund: Die Verteidiger Otto Dietrich (er vertritt Kurz) und Werner Suppan (Bonelli) hatten in der Vorwoche eidesstattliche Erklärungen von Waleri Afinogenow und Aleko A. vorgelegt. Letztere gaben darin an, Schmid im Sommer 2023 in Amsterdam wegen eines Jobs bei einer georgischen Ölfirma getroffen zu haben. Bei diesem Treffen soll Schmid ihnen erzählt haben, dass er von der WKStA unter Druck gesetzt worden sei und vieles nur gesagt habe, um die Behörde „glücklich zu machen“. Der Richter möchte deshalb nun überprüfen, ob Schmid in Bezug auf Kurz falsche Dinge ausgesagt habe. Allerdings erst im kommenden Jahr: Die Verhandlung wird am 10., 25., 30. und 31. Jänner fortgesetzt. Der Liveticker zum Nachlesen:

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.