Weihnachtsglosse

Was Weihnachten ausmacht: Alle Jahre wieder … auf in den Wahnsinn!

APA / Georg Hochmuth
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Und dann landet man doch wieder auf der Mariahilfer Straße.

Auch wenn man die Vorweihnachtszeit liebt, alles daran, gibt es doch jedes Jahr wieder diesen einen Moment, in dem man sich denkt: Ich hasse alles daran. Am Adventsamstag auf die Mariahilfer Straße: eine Topidee? Nie, nie wieder!

Dann vergeht ein Jahr, man vergisst, verdrängt und glaubt: Es ist ja nur schnell diese eine Kleinigkeit, dann ist alles erledigt. Es ist ja noch früh, heute sind bestimmt noch nicht so viele Leute unterwegs, nur schnell in das eine Geschäft. Und alle Jahre wieder landet man auf der Mariahilfer Straße, in der Kärntner Straße, der Neubaugasse, einem Einkaufszentrum, der Wahnsinn nimmt ja überall seinen Lauf.

Die alljährliche, kleine Selbsttäuschung: Nur ein Geschäft

Wie die jährliche kleine Selbsttäuschung, denn es ist nie nur eine Kleinigkeit, nie nur ein Geschäft, und schnell geht schon einmal gar nichts, wenn alle Wege und Verkehrsmittel Richtung Einkaufsdestination völlig überfüllt sind, vielleicht noch wegen einer Demonstration feststecken oder man spätestens in den Geschäften ansteht.

Man wird gedrängt, geschoben, an den Kassen wartet man ewig, auf Beratung ebenso. Es ist eng, zu viele Leute kommen zu nahe, im Wintergewand ist es drinnen heiß, die Weihnachtsmusik kann man langsam auch nicht mehr hören und dann überall dieser kitschige Deko-Krempel! Den man doch auch wieder kauft, während man den Kopf schüttelt über Shopping-Wahnsinn, Konsumirrsinn, all den Überfluss, sich vornimmt, jetzt aber wirklich nur noch „Sinnvolles“ zu schenken, Erlebnisse, Gutscheine, am besten gar nichts, und dann macht man doch wieder mit.

Denn ganz ernst sind die „Nie wieder“-Beteuerungen offenbar nicht. Gibt es doch im Trubel die kleinen Momente des Vorweihnachtszaubers. Die Freude daran, ein wirklich schönes, passendes Geschenk für jemanden gefunden zu haben, die Freude darauf, die Reaktion beim Auspacken zu sehen. Die bemerkenswert geduldigen, hilfsbereiten und selbst im späteren Advent noch immer gut gelaunten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäfte.

Gehasstes, geliebtes Spektakel

Es sind die Weihnachtslichter, der Duft von Zucker oder Glühwein to go, der vorbeizieht, oder dass — Achtung, jetzt wird es kitschig — alle doch auf dieser gemeinsamen Mission unterwegs sind: etwas zu finden, das jemand Liebem eine Freude macht. Und diese Freude am Schenken, die allen gemeinsame Freude auf das Weihnachtsfest, liegt irgendwie neben all dem Stress in der Luft. Immer wieder ergeben sich kleine Begegnungen, spontane Beratung durch Fremde, wie gut das Buch sei, das man gerade in der Hand hält, oder dass ein Kind mit diesem oder jenem Spielzeug auch eine Riesenfreude hatte.

Oder man trifft diese Fixsterne der Wiener Vorweihnachtszeit wie den Straßenzeitungsverkäufer, der mit seinem „Augustin, Augustin, bitte kaufen, bitte kaufen, kaufen Augustin“ zur Melodie von Jingle Bells Advent für Advent, Einkaufstag für Einkaufstag die Mariahilfer Straße beschallt. Und der Teil dieses Spektakel, dieses Treibens ist, dem man (wenn man so glücklich ist, einen Platz zu ergattern) zum Beispiel von einem Kaffeehaus aus doch einfach stundenlang zuschauen könnte.

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