Künstliche Intelligenz

KI an den Unis: „Man muss die Unsicherheit in Zwischenphasen aushalten“

Darf KI bei Arbeiten an Hochschulen genutzt werden, und wie muss dieser Input gekennzeichnet werden?
Darf KI bei Arbeiten an Hochschulen genutzt werden, und wie muss dieser Input gekennzeichnet werden?Getty Images
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Wie wird sich der Alltag von Lehrenden und Studieren durch die Möglichkeiten von Chat GPT und Co. verändern? Eines ist sicher: Schummeln bleibt Schummeln.

Wer sich an die eigene Studienzeit erinnert, wird – je nach Lebensalter – eine sehr unterschiedliche Erinnerung an das wissenschaftliche Arbeiten haben: das Wühlen in verstaubten Blätterkatalogen für die einen, die ersten Regeln für den Umgang mit dem Internet für die anderen. Alle paar Jahre und Jahrzehnte tauchen Technologien auf, die unsere Gesellschaft ebenso wie den Universitätsbetrieb verändern können. Das mögen auf den ersten Blick kleine Errungenschaften sein, die in der Wirkung aber bedeutend sind, erzählt Roland Steinacher, der an der Universität Wien Studienservice und Lehrwesen leitet: „Die Lehrenden, die schon am längsten dabei sind, sagen, dass der Taschenrechner eine ähnliche Diskussion aufgeworfen hat wie heute die KI. Dass die Frage gestellt wurde: Warum soll ich etwas händisch rechnen, was ein Gerät blitzschnell für mich erledigen kann? Daraus ergibt sich für eine Universität die Frage: Was sind die Kompetenzen, die ich eigentlich vermitteln will, und wo kann ich Hilfsmittel zulassen?“

Überschrift für diese Diskussion ist stets die Aufrechterhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis, die als Standard für Qualitätssicherung im universitären Bereich angesehen werden kann: „Zum guten wissen­schaftlichen Arbeiten gehört, dass man sich von der Forschungsfrage über die Konzeption, die Recherche bis zum Text einer Arbeit quasi selbst um diese Themen kümmert. Das sind wichtige Punkte der Eigenständigkeit“, sagt Steinacher. Was also Gültigkeit behält: Schummeln bleibt Schummeln. Egal, ob man den Studienkollegen einsetzt, um Seminararbeiten nicht selbst schreiben zu müssen, andere für Recherche bezahlt oder Chat GPT um Unterstützung bemüht.

Wie beim Taschenrechner ist auch bei KI die logische Einstiegsfrage: Wo und wie könnte künstliche Intelligenz überhaupt eingesetzt werden? In den darstellenden Künsten, etwa Musik oder Tanz, sind die Möglichkeiten begrenzter als in geisteswissenschaftlichen Studien, bei denen die Leistungsnachweise viel stärker auf Seminararbeiten oder Referaten beruhen. Dementsprechend heißt es auch aus dem Wissenschaftsministerium, dass Universitäten angehalten seien, sich auf die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen der KI einzustellen – das genaue „Wie“ allerdings liege im Bereich der Autonomie der Universitäten, eben weil die Leistungsnachweise je nach Studium so unterschiedlich sein können.

KI-Einsatz kennzeichnen

„Wir haben keine Möglichkeit, technisch zu überprüfen, ob die KI eine Seminararbeit, Masterarbeit oder Prüfung geschrieben hat oder ob es die menschliche Intelligenz war“, schickt Stefan Vorbach, Vize-Rektor für Lehre an der TU Graz, voraus. Deshalb habe man über den Sommer einen Leitfaden zusammengestellt, wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz im universitären Betrieb durch Lehrende und Studierende zu handhaben sei. „Wir schätzen den verantwortungsvollen Einsatz im Studienbetrieb“, erklärt Vorbach, „am Beginn des Semesters muss der jeweilige Vortragende aber genau definieren, wann und in welcher Form dieser Einsatz erlaubt oder erwünscht ist.“ Wesentlich sei auch, dass alles, was mithilfe von KI erstellt oder erarbeitet wurde, klar so gekennzeichnet wird. Als klassisches Zitat sei das allerdings schwierig: „Ich verwende ein Zitat dann, wenn ich eine Idee oder einen Gedanken von jemand anderem verwende – und das muss ich kennzeichnen. Im Moment diskutieren wir darüber, ob die KI zitierbar ist – denn sie generiert ja bei jeder Anfrage einen neuen Inhalt und neuen Text. Es können auch immer andere Ergebnisse kommen. Deshalb sprechen wir von Kennzeichnungspflicht.“

Man macht sich – wie bei jeder neuen Technologie – auf eine Lernphase gefasst, erklärt Steinacher: „Die Lehrenden brauchen natürlich auch Zeit, um einzuordnen, ob und wann diese neuen Technologien nun ein erlaubtes oder unerlaubtes Hilfsmittel sind. Ich denke, die Gesellschaft muss es aushalten, dass es in diesen Zwischenphasen kurz Unsicherheit gibt. Aber in dem ganzen Prüfungsgeschehen, das zum Erwerb eines akademischen Grades führt, gibt es ja nicht nur schriftliche Leistungen, sondern auch mündliche.“

Direkte Kontakte wichtiger

Generell sind sich die Uni-Vertreter einig, dass der direkte Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden in Zukunft zur Leistungsbeurteilung wichtiger werden wird. Eine Tatsache, die sich – zumindest in einigen Studien – auf räumliche und Personalressourcen und damit auf das Budget auswirken müsse. Die derzeitige Leistungsvereinbarung läuft bis 2024, die folgende ist noch offen. Jedenfalls soll KI laut Bildungsministerium auch künftig bei kompetitiven Forschungsfördermitteln und der institutionellen Finanzierung ein Schwerpunkt sein.

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