Salzburg

Polizisten schießen auf Schlepperauto: Ermittlungen wegen Mordversuchs

Es bleibe noch abzuwarten, wie sich die beiden betroffenen Polizisten verantworten, so die Staatsanwaltschafts-Sprecherin.
Es bleibe noch abzuwarten, wie sich die beiden betroffenen Polizisten verantworten, so die Staatsanwaltschafts-Sprecherin.Die Presse/Clemens Fabry
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Zwei Syrer wurden bei der Verfolgungsjagd verletzt, einer davon lebensgefährlich. Der Staatsanwaltschaft zufolge kann ein bedingter Tötungsvorsatz derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Bei Verfolgungsjagd eines mutmaßlichen Schlepperautos im Salzburger Pinzgau vor einer Woche sind zwei Syrer durch Schüsse aus Polizeiwaffen verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft Salzburg ermittelt jetzt gegen zwei Polizisten wegen des Verdachts des Mordversuchs. Eines der beiden Opfer wurde durch einen Schuss aus dem Sturmgewehr am Kopf getroffen und lebensgefährlich verletzt, berichteten die „Salzburger Nachrichten“ (SN) am Mittwoch.

„Wegen diverser Umstände bei den Schussabgaben - etwa Schussrichtung, Schusskanal und Einschüsse am Fahrzeug auf Höhe des Oberkörperbereichs von Insassen - kann ein bedingter Tötungsvorsatz derzeit nicht ausgeschlossen werden“, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, Elena Haslinger. Das bedeutet, die beiden Verdächtigen könnten es bei ihrem Handeln für möglich gehalten haben, jemanden zu töten.

Streifenwagen gerammt

Der Vorfall ereignete sich am 11. Dezember in den frühen Morgenstunden. Die Salzburger Polizei war damals von den Kollegen in Bayern verständigt worden, dass sich der Lenker eines Kastenwagens bei der Einreise der Kontrolle entzogen habe, indem er umdrehte und davonraste. Zunächst nahmen die deutschen Polizisten selbst die Verfolgung auf der Pinzgauer Bundesstraße vom Steinpass Richtung Saalfelden auf und wurden kurz danach von den heimischen Kräften abgelöst. Einer Salzburger Streife gelang es schließlich, dem Kastenwagen vorzufahren, und die Polizisten versuchten, das Fluchtfahrzeug zum Anhalten zu bringen. Dabei rammte der Kastenwagen wiederholt den Streifenwagen.

Schließlich gab einer der Polizisten während der Fahrt zwei Schüsse aus der Pistole auf das Fluchtfahrzeug ab, „um die unmittelbare Gefahr für Unbeteiligte und die Einsatzkräfte zu beenden“, hieß es im Polizeibericht. „Hier wurde aus kurzer Distanz in Richtung Fahrerseite des Fluchtautos geschossen. Die beiden Einschüsse gegen die Scheiben erfolgten auf Oberkörperhöhe der Insassen. „Dies indiziert möglicherweise einen bedingten Tötungsvorsatz“, so Haslinger. Die Projektile dürften laut Polizei „im Fluchtfahrzeug eine Splitterwirkung entfaltet“ und dabei einen hinter dem Lenker sitzenden 19-jährigen Syrer an der Hand getroffen haben. Dieser Mann lehnte eine ärztliche Behandlung ab.

Schuss aus Sturmgewehr

Der Lenker - ein 34-jähriger Rumäne - setzte trotz der Schüsse die Flucht fort. Kurz vor Saalfelden verließ er dann die Bundesstraße, kam von der verschneiten Straße ab und blieb im Schnee stecken. Der Lenker rannte in der Dunkelheit davon, zurück im Wagen blieben zehn Syrer. Als zwei Polizistinnen die Insassen zum Aussteigen aufforderten, gab eine 34-jährige Beamtin aus noch unbekannter Ursache einen Schuss aus dem Sturmgewehr der Polizei ab, der einen 27-jährigen Syrer im Auto traf. Die Polizei machte damals auch auf Nachfrage keine Angaben zum Grad der Verletzung, die Staatsanwaltschaftssprecherin sagte nun, dass der Mann am Kopf getroffen und lebensgefährlich verletzt worden sei.

Den Lenker nahm die Polizei kurz nach dessen Flucht fest. Die Verfolgungsjagd hatte sich über fast 30 Kilometer gezogen. „Die Flucht erfolgte trotz schlechter Witterung mit Regen, Schneefall und Eisglätte, mit stark überhöhter Geschwindigkeit und ohne Rücksicht auf die im Fahrzeug befindlichen syrischen Staatsangehörigen, unbeteiligte Verkehrsteilnehmer sowie die eingesetzten Polizeikräfte“, hieß es im Polizeibericht. Die zehn Syrer wollten sich von dem mutmaßlichen Schlepper von Slowenien nach Deutschland bringen lassen.

„Massive Gesichtsverletzungen“

Staatsanwaltssprecherin Elena Haslinger erläuterte, dass das Ermittlungsverfahren noch im Anfangsstadium sei und die Ermittlungen „nicht bedeuten, dass das in Stein gemeißelt ist und so bleiben muss“. So müsse man abwarten, wie sich die beiden Beschuldigten verantworten. „Bei der Polizei gibt es Regelungen über den Schusswaffengebrauch, also wann und wie ein solcher gerechtfertigt ist“, so Haslinger. Daher werde geprüft, ob es Rechtfertigungsgründe gab.

Aufgrund der Fotos der Einschusslöcher im Auto sei derzeit ein bedingter Tötungsvorsatz nicht auszuschließen. „Es schaut so aus, als ob die Schüsse dem Fahrer gegolten haben.“ Die Sprecherin bestätigte auch, dass das Opfer des Schusses aus dem Sturmgewehr „ganz massive Gesichtsverletzungen“ erlitten habe, die lebensgefährlich waren.

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