Weihnachtsmarkt

Eine Keramikerin, von deren Vasen man nachts träumt

Keramikerin Yvonne Rausch steht mit ihrer Ware am Adventmarkt am Karlsplatz.
Keramikerin Yvonne Rausch steht mit ihrer Ware am Adventmarkt am Karlsplatz.Mirjam Reither
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Keramikkünstlerin Yvonne Rausch verkauft ihre Ware am Weihnachtsmarkt am Karlsplatz. Manche Besucher träumen von ihr, andere ignorieren sie stur.

Yvonne Rausch betreibt am Weihnachtsmarkt Marktforschung. Sie sieht Passantinnen und Kunden dabei zu, wie sie sich zu ihrer Ware verhalten: Greifen sie die Tasse an? Heben sie den Löffel hoch? Unterhalten sie sich über die Vase? Je nach Reaktion kann sie abschätzen, ob das Produkt Interesse weckt.

Nicht nur deshalb steht die junge Handwerkerin gern in der Adventszeit am Karlsplatz, um ihre Ware feilzubieten. Sie generiert dort auch den größten Teil ihres Jahresumsatzes. Da lässt man sich schon einmal hier und da von unhöflichen Besuchern ignorieren oder sitzt ein paar Stunden fadisiert in der Kälte. Immerhin gibt es genug Glücksmomente: „Eine Besucherin ist zu mir an den Stand gekommen und meinte, sie habe von meinen Vasen geträumt. Wie cool ist das bitte?“, sagt Rausch.

Nicht nach Plan

Vor neun Jahren ist die heute 27-Jährige von Kolumbien nach Wien gekommen. Mit ihren Eltern hatte sie eine Vereinbarung getroffen: Zuerst müsse sie Wirtschaft oder Recht studieren, bevor sie in Richtung Design gehen dürfe. Weder ihr Vater noch ihre Mutter rechneten mit Rauschs langem Atem. Sie schloss ein wirtschaftliches Studium an der Fachhochschule ab und nahm dann gleich das Studium Design, Handwerk und materielle Kultur an der New Design University in St. Pölten auf. Möbeldesignerin wollte sie eigentlich werden. In den Unterrichtsstunden mit Hermann Seiser über Keramikformenbau saß sie dann aber doch immer öfter in der ersten Reihe und ertappte sich dabei, eine Frage nach der anderen zu stellen, bis sie einsehen musste: Die Keramik hatte es ihr angetan.

In Seisers Studio trat Rausch dann auch gleich ihr erstes Praktikum an, half etwa dabei, die beliebten Vasen von Kollegin Andrea Kollar in Form von diversen weiblichen Körpern fertigzustellen. „Es gab Wochen, da produzierte ich hundert Stück davon. Ich habe dort die Grundlagen gelernt“, sagt Rausch. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit experimentierte Rausch dann mit Keramik und Metall, wie sich Eisen zu Porzellan verhielt. Bei großer Hitze warf das Eisen Blasen, die dann wulstige Blasen und Schlieren im Porzellan hinterließen. Das Projekt betitelte die Jungdesignerin „Space on Earth“ und zeigte es gar in einer Sammelausstellung der Holy Art Gallery in London.

Nach diesem vielversprechenden Startschuss und einem AMS-Kurs zum Thema Unternehmensgründung stand ihr nichts mehr im Weg: Rausch hat sich als Keramikerin selbstständig gemacht und verfügt über eine kleine Werkstatt in Wien Währing. Dort skizziert sie am Computer Tassen, Vasen, Krüge und Teller und druckt sie mithilfe eines 3-D-Druckers aus.

„Während der Coronapandemie, als ich lange Zeit nur am PC sitzen konnte, habe ich mir viele für meine Arbeit nützliche Fertigkeiten angeeignet“, sagt Rausch. Die 3-D-Modelle nützt sie zum Formenbau, dann erst entsteht das Positiv und kann glasiert und in einem kleinen Ofen gebrannt werden. Gebrauchskeramik wie Tassen und Teller will Rausch allerdings im nächsten Jahr hinter sich lassen. „Am meisten Freude habe ich am Experimentieren“, sagt sie.

So entstand auch eines ihrer schönsten Stücke: ihre Zebrino-Vase. Schwarz und weiß gestreift, besteht sie aus einem „Ufo“ in der Mitte und zwei schlanken Zylindern und schaut aus wie ein übergroßer Mund, der so auch in den surrealen Welten von Lewis Carroll in der Luft hängen könnte. „Eigentlich brauchte ich nur eine Pause von der andauernden Produktion. Ich habe mich in meinem Studio mit Farben und Formen gespielt, so ist die Vase entstanden“, sagt Rausch.

Chemische Experimente

Nächstes Jahr will sie mehr originelle Einzelstücke wagen. Dafür hat sie auch einen Chemiekurs belegt. „Ich will verstehen, wie sich verschiedene Materialien verhalten, wie sie im Ofen reagieren, wie viel sie beim Brennen schrumpfen und wann sie transluzent werden. Es gibt unendliche Möglichkeiten“, sagt Rausch. Die Stücke will sie dann in der ganzen Welt verkaufen.

Den nötigen Webshop hat sie bereits eröffnet. Künftig will sie damit experimentieren, ihn nur eine Woche im Monat öffnen und dabei neue Ware vorstellen. So hofft sie, dass sie die Produktion weiterhin allein bewältigen und sich ausprobieren kann. Bis 23. Dezember steht sie mit ihren Waren allerdings noch bis abends am Karlsplatz. Ein Besucher habe sie sogar einmal gefragt, ob sie nichts Besseres zu tun hätte, als hier rumzustehen. „Ich zahle mit dem Geld, das ich hier mache, meine Miete. Ich finde, das ist eigentlich eine sehr sinnvolle Weise, meine Zeit zu verbringen.“

Zur Person

Keramik. Yvonne Rausch hat sich nach dem Studium Design, Handwerk und materielle Kultur an der New Design University mit ihrem Keramikstudio selbstständig gemacht. Sie verkauft Tassen, Teller, aber insbesonders kunstvolle Vasen haben es ihr angetan. Am 23. Dezember steht sie mit ihren Waren noch am Christkindlmarkt am Karlsplatz und tauscht sich mit Besuchern und Besucherinnen aus.

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