Jahresend-Pizzicato

Lasst uns 2024 wachsen!

Viele Geheimnisse umgeben die Jungsteinzeit, und die Liebe und all das Mann-Frau-Zeugs auch. Bild aufgenommen in Stonehenge, England, heuer zur Sommersonnenwende.
Viele Geheimnisse umgeben die Jungsteinzeit, und die Liebe und all das Mann-Frau-Zeugs auch. Bild aufgenommen in Stonehenge, England, heuer zur Sommersonnenwende.APA / AFP / Daniel Leal
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Wie eine neue Theorie über steinzeitliche Größenunterschiede zwischen Frau und Mann, die noch stärker waren als heute, Parallelen zu gewissen Hinterfragungswürdigkeiten offenbart.

Eine recht skurrile Mediengeschichte war heuer diese: Es ging grundsätzlich darum, dass Frauen bekanntlich im Schnitt kleiner sind als Männer, was bis heute naturwissenschaftlich nicht eindeutig erklärt worden ist (siehe auch das Bild oben). Dazu gibt’s nur diverse unbewiesene Theorien, basierend auf Dingen wie Chromosomen, Selektion durch Präferenzen bei der Partnerwahl, etc.

Und heuer eben das: Forscher aus den USA, Österreich und Deutschland hatten anhand 6000 bis 8000 Jahre alter menschlicher Überreste aus mehreren Gegenden Europas ermittelt, dass die damalige jungsteinzeitliche Größendifferenz noch viel stärker war, bis zu 21 Zentimeter im Schnitt (heute zehn bis 14) in nördlichen Regionen, etwas weniger im Süden. Da man aber mittels anhand der Gebeine und Zähne überprüfbarer Faktoren wie Ernährung, Krankheit, Gene für die große Diskrepanz keine Erklärung fand, fand man halt eine andere: nämlich kulturelle Gegebenheiten. Männer seien bevorzugt worden, hätten es unter den Umständen leichter gehabt als Frauen und Letztere halt schwerer, heißt es.

Wow, haben die etwa Briefe, Tagebücher und Alltagsnotizen aus der Steinzeit gefunden? Okay, die Studie ist tiefschürfender, als sie medial vermittelt ward. Dennoch wirkt es so: Findest du anhand sachlich-objektiver Kriterien keine Erklärung, so ziehe eine aus einem evidenzfreien sozialtheoretischen Postulatsnebel heraus (optimalerweise eine, die ideologisch korrekt klingt). Hm. Das erinnert an die Eigentümlichkeit von Archäologen, Fundstücken, deren praktischen Sinn sie nicht erkennen, im Zweifel stets „kultische Zwecke“ zuzuschreiben; oder an die Theologie, die dort Wissen behauptet, wo wir in Wahrheit nichts wissen (© Bertrand Russell).

Wie sagte mein Schwiegervater: „Der Mensch wächst mit der Herausforderung.“ Wieso das in der Steinzeit also nicht hinhaute? Keine Ahnung. Lasst uns also auch 2024 sachlich und empörungsfern weiterrätseln über die Dinge, nicht alles bierernst und ideologisch kanalisiert sehen. Und an Herausforderungen wachsen. Wenn möglich auch noch mit Humor. Gutes neues Jahr! (wg)

wolfgang.greber@diepresse.com

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