Vierschanzentournee

Regel-Debatte nach Auftaktsieg: Das Loch im Anzug des Andreas Wellinger

Andreas Wellinger beim Jubel über seinen Qualifikationssprung. Unter der linken Achsel ist ein kleines Loch im Anzug zu sehen, das aber erst beim Jubeln entstanden sein dürfte.
Andreas Wellinger beim Jubel über seinen Qualifikationssprung. Unter der linken Achsel ist ein kleines Loch im Anzug zu sehen, das aber erst beim Jubeln entstanden sein dürfte.Imago / Fotostand / Hettich
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Norwegische Medien berichten von einem Loch im Anzug des Deutschen nach dem Qualifikationssieg am Donnerstag. Österreichs Topspringer Stefan Kraft richtet den Blick aber schon nach Garmisch-Partenkirchen, wo er in einer Jägerrolle ist. An das Neujahrsspringen hat er keine guten Erinnerungen.

Das Auftaktspringen der Vierschanzentournee 2023/24 ist Geschichte. Der österreichisch-deutsche Zweikampf ist eröffnet. In der Jägerrolle fühlt sich Stefan Kraft wohl. Der als Topfavorit angereiste Überflieger der Weltcupsaison findet sich nach dem Auftakt der 72. Vierschanzentournee in ebendieser wieder, nach dem dritten Platz in Oberstdorf hält sich der Rückstand des Salzburgers zum deutschen Spitzenreiter Andreas Wellinger in Grenzen. „Zehn Punkte, das kann schnell gehen. Es ist auf keinen Fall verloren“, sagte der 30-Jährige und blickte mit Humor auf das anstehende Neujahrsspringen.

Denn in Garmisch-Partenkirchen hat Kraft die Tournee schon mehrmals verloren, zuletzt sogar sechs Mal in Folge. Der „Garmisch-Fluch“ scheint unüberwindbar, mit den Plätzen 31, 49, 13, 28, einem Quali-Aus sowie Rang 18 in der Vorsaison wurde der Absturz des rot-weiß-roten Hoffnungsträgers nach Silvester jüngst zur ungeliebten Tradition. Deshalb sprach Kraft nach seinem 106. Weltcup-Stockerlplatz am Freitag einen Herzenswunsch aus. „Ich warte seit Jahren, dass sie das Springen endlich mal absagen“, sagte der Weltcupgesamtführende mit einem Augenzwinkern.

Ein Loch im Anzug von Andreas Wellinger sorgt für Diskussionen

Auch die Erwartungshaltung des Tourneesiegers von 2014/15 war vor dem Neujahrsspringen schon mal größer. „Keiner erwartet sich da was von mir, ich selbst auch nicht. Da schauen wir dann einfach, was passiert“, betonte der Gesamtweltcupführende und grinste. Er sei natürlich in einer Mega-Form, beim Auftakt in Oberstdorf fehlte dem fünffachen Saisonsieger nach der langen Weihnachtspause aber noch die nötige Gelassenheit. „Ich war noch ein wenig verkrampft, aber die letzte Lockerheit kommt mit Sicherheit von Station zu Station zurück“, sagte Kraft.

Für Diskussionsstoff am Ruhetag sorgten Berichte über ein Loch im Anzug des Auftaktsiegers Andreas Wellinger. Dessen Anzug sei beim Jubel über den Qualifikationssprung am Donnerstag unter der Achsel gerissen. Das zeigen Bilder des norwegischen Senders NRK, der auch FIS-Kontrollor Christian Kathol zitiert: „Wenn er bei mir gewesen wäre und ich den Anzug gesehen hätte, wäre er disqualifiziert worden“. Die Kronenzeitung hatte zuerst in Österreich über diese Debatte berichtet. Der Vorfall blieb aber ohne Konsequenzen.

Weiterreise an den Riessersee

Am Ruhetag am Samstag reisten die ÖSV-Adler weiter ins nächste Teamquartier am Riessersee, dort soll die nötige Energie für die nächsten Bewerbe in Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck (3. Jänner) sowie Bischofshofen (6. Jänner) getankt werden. „Ich werde mich perfekt vorbereiten und ein kleines Krafttraining machen, damit ich für die nächsten Stationen genug Power habe“, erklärte Kraft.

Sein Rückstand auf Wellinger, der die Hoffnungen beim deutschen Nachbarn auf den ersten Tourneesieg seit 22 Jahren nährte, beträgt 10,4 Punkte oder knapp sechs Meter. Dem Japaner Ryoyu Kobayashi, Gesamtsieger 2018/19 und 2021/22, fehlen nur 3,0 Zähler auf den Leader. „Wir drei haben uns ein bissl herauskristallisiert. Das nehme ich gerne, wenn es so weitergeht“, betonte Kraft. Wellinger sah es nach seinem ersten Tournee-Tagessieg ähnlich. „Ich hoffe, dass es ein richtig geiler Kampf wird“, sagte der Olympiasieger.

Man dürfe sich keine Fehler erlauben, wusste Wellinger, „weil zehn Meter sind schnell mal gewonnen oder verloren“. ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl trat zufrieden die Weiterreise an, auch wenn seine Schützlinge vom Windpech verfolgt waren. „Vergangenes Jahr war nach Oberstdorf schon alles vorbei. Jetzt sind wir in einer guten Position“, sagte der Tiroler voller Optimismus und gab einen Einblick in seine Gefühlswelt. „Man merkt, dass es für alle Beteiligten schon eine Anspannung ist. Ich bin normal nie nervös, heute war ich voll nervös. Es macht etwas mit dir.“

Krafts Garmisch-Historie „hat nichts mit der Schanze zu tun“

Mit Blick auf die vergangenen Kraft-Abstürze in Garmisch-Partenkirchen zeigte sich Widhölzl zuversichtlich. „Grundsätzlich mag er die Schanze sehr gerne“, sagte der Coach, in den Trainings sei Kraft mit weniger Anlauf als bei der Tournee auch schon an die Hillsize gesprungen. In den vergangenen Jahren habe er oft „All-in“ gehen müssen, um etwas aufzuholen. „Das ist dann in die Hose gegangen. Das hat aber nichts mit der Schanze zu tun“, betonte der Tourneesieger von 1999/2000.

Der Rest der Mannschaft sei in Oberstdorf auch „sehr gut“ unterwegs gewesen. Die ÖSV-Adler haderten aber mit dem verhältnismäßig starken Rückenwind. „Da kannst du nichts machen, ich hatte zweimal Pech, aber die Sprünge waren gut“, bilanzierte der Salzburger Jan Hörl nach seinem achten Platz. „Die Sprünge passen, die Form stimmt, ich fühle mich gut. Wenn alles zusammenpasst, reicht es sicher wieder für ganz vorne.“ Widhölzl gab jedenfalls die Marschroute vor: „Nächste Station Garmisch, wieder Angriff.“ (APA/Red.)

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