Regierungsumbildung

Macron macht Gabriel Attal zum jüngsten Premier, den Frankreich je hatte

Gabriel Attal posiert in seinem Büro in Paris für Fotos - ein Bild vom 23. September 2023.
Gabriel Attal posiert in seinem Büro in Paris für Fotos - ein Bild vom 23. September 2023.APA / AFP / Joel Saget
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Der 34-jährige Bildungsminister Gabriel Attal tritt die Nachfolge von Elisabeth Borne an. Der mit einem liberalen EU-Abgeordneten liierte bisherige Bildungsminister gilt als Kommunikationstalent. Er soll der Präsidentschaft Macrons neuen Schub nach vielen Krisen bringen.

Nach dem Rücktritt von Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne wurde Dienstagmittag ihr Nachfolger bekannt. Dass Präsident Emmanuel Macron für diesen Job Gabriel Attal ausgewählt hat, berichten mehrere französische Medien Dienstagmittag. Attal war seit Bornes Rücktritt am Montagabend bereits als Favorit gehandelt worden.

Borne, die das Amt noch übergangsweise weiterführt, traf am Montagvormittag an ihrem Amtssitz ein, wo später am Tag die Übergabe stattfinden soll. Der 34 Jahre alte derzeitige Bildungsminister Gabriel Attal wäre der jüngste Regierungschef Frankreichs und der erste offen schwule Politiker in diesem Amt. Attal ist mit Stéphane Séjourné, dem Fraktionsvorsitzenden der liberalen Gruppe Renew Europe im Europaparlament, liiert. Borne war nach Edith Cresson, die 1991 für ein knappes Jahr im Amt war, erst die zweite Frau an der Spitze der französischen Regierung.

In der Rangliste der bei Amtsantritt jüngsten Regierungschefs liegt Attal auf Platz sechs hinter Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (Österreich 2017: 31 Jahre), Pandeli Majko (Albanien 1997: 31 Jahre), Mart Laar (Estland 1992: 32 Jahre), Waldemar Pawlak (Polen 1992: 32 Jahre) und Sanna Marin (Finnland 2019: 34 Jahre). Erwartet wird, dass in den kommenden Tagen die Regierungsmannschaft Attals vorgestellt wird.

Der aufstrebende Politiker ist ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron und hatte schon mehrere Posten in der Regierung inne. Da mit der Ernennung bereits am Montagabend gerechnet worden war, wurde intensiv über die Gründe der Verzögerung diskutiert. Möglicherweise gab es in Macrons Lager Widerstand gegen die Ernennung Attals.

Ein Mann, der vor allem für seine Kommunikationsfähigkeit bekannt ist

In den Medien wird darüber spekuliert, dass Macron Attal auch wegen dessen Medienpräsenz und Eloquenz auswählen könnte, um seiner Regierung im Jahr der Europawahl und der Olympischen Spiele in Paris mehr Schwung und Glanz zu verleihen. In Umfragen lag seine Partei zuletzt acht bis zehn Prozentpunkte hinter der Bewegung der rechtsextremen Oppositionschefin Marine Le Pen.

„Wenn es tatsächlich auf Attal hinauslaufen sollte, wäre er die beste Karte, die der Präsident ausspielen könnte“, sagte Ifop-Meinungsforscher Jerome Fourquet dem Sender BFM TV. Er verwies auf die Popularität, die Attal seiner Meinung nach durch sein schnelles Handeln als Bildungsminister und durch seine Kommunikationsfähigkeit erlangt habe.

Archivbild von Elisabeth Borne mit Emmanuel Macron.
Archivbild von Elisabeth Borne mit Emmanuel Macron.Reuters / Stephanie Lecocq

Dank für Bornes „vorbildliche Arbeit“

Borne hatte ihren Rücktritt nach tagelangen Spekulationen über eine Regierungsumbildung am Montag eingereicht. Präsident Macron dankte ihr im Onlinedienst X, ehemals Twitter, „von ganzem Herzen“ für ihre „vorbildliche“ Arbeit im Dienste des Landes. Borne war im Mai 2022 ernannt worden. Sie war erst die zweite Ministerpräsidentin in der Geschichte Frankreichs.

Borne soll bis zuletzt dafür geworben haben, im Amt zu bleiben. Macron liegt jedoch daran, mit einer erneuerten Regierungsmannschaft nach der ungeliebten Pensionsreform und dem umstrittenen Einwanderungsgesetz ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Mehrere umstrittene Reformen

Das Parlament hatte im Dezember die im Regierungslager umstrittene Verschärfung des Einwanderungsrechts beschlossen. Bei den Wahlen zum Europa-Parlament im Juni dürfte Einwanderung eines der Hauptthemen sein. Le Pen hatte das veränderte Einwanderungsgesetz als „großen ideologischen Sieg“ für ihre Partei gefeiert, die in der Nationalversammlung dafür stimmte. Das Regierungslager unter Borne beanspruchte aber für sich, dass es eine Mehrheit auch ohne die Stimmen der extremen Rechten gegeben hätte. Linksgerichtete Politiker aus dem Lager Macrons warfen ihm Verrat an seinen Wahlversprechen vor. Macron hatte die Präsidentschaftswahlen 2017 und 2022 für sich entschieden, als sich die Wähler hinter ihm scharten, um einen Sieg Le Pens zu verhindern.

Auch Macrons Entscheidung, im vergangenen Jahr seine Exekutivbefugnisse zu nutzen, um eine umstrittene Anhebung des Pensionsalters auf 64 Jahre durchzuboxen, löste wochenlange gewalttätige Proteste aus.

Die Regierungsumbildung dürfte den Konkurrenzkampf in Macrons Lager um dessen Nachfolge bei der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2027 verschärfen. Dafür gelten der ehemalige Premierminister Édouard Philippe, Innenminister Darmanin und Finanzminister Le Maire als potenzielle Kandidaten. (APA/AFP/Reuters)

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